Demenz und Bildung

Die Erziehungswissenschaftlerin Dr. Nora Berner hat mit ihrer Promotion gezeigt, wie Lernen und Bildung unter den Bedingungen einer beginnenden Alzheimerdemenz möglich sind.


Foto: LightFieldStudios/Getty Images Plus
Gerade im Anfangsstadium lässt sich der eigenständige Umgang mit der Krankheit lernen.

Unsere Gesellschaft wird immer älter. Im Zuge des demografischen Wandels nimmt die Zahl alterstypischer Erkrankungen stark zu. Aktuell leben etwa 1,8 Millionen Menschen mit Demenz in Deutschland. Laut Schätzungen wird sich diese Zahl bis zum Jahr 2050 nahezu verdoppeln. Die Erziehungswissenschaftlerin Dr. Nora Berner hat mit ihrer Promotionsstudie an der FernUniversität in Hagen gezeigt, wie Lernen und Bildung auch unter den Bedingungen einer beginnenden Alzheimerdemenz möglich sind.

Lern- und Bildungsprozesse von Menschen mit Alzheimerdemenz sind bisher aus einer erzie­hungswissenschaftlichen Perspektive nicht ausreichend empirisch untersucht worden. Finden Lern- und Bil­dungsprozesse unter den Bedingungen einer beginnenden Alzheimerdemenz überhaupt noch statt? Und wenn ja: Wie gestalten sich diese? Mithilfe der biogra­phischen Erzählanalyse zeichnet Nora Berner in ihrer Promotionsstudie Leidens-, Lern- und Bildungsprozesse von Men­schen mit Alzheimerdemenz nach. Im Fokus steht dabei das Ineinandergreifen von Krankheit und Le­bensführung. „Gerade im Anfangsstadium lässt sich der eigenständige Umgang mit der Krankheit lernen und auf biografisch erworbene Fähigkeiten zurückgreifen“, fasst die Erziehungswissenschaftlerin zusammen.

Foto: Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen
Dr. Nora Berner hat an der FernUniversität promoviert und ist aktuell wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Witten/Herdecke.

Lebensqualität mit individuellen Strategien sichern

Für ihre Studie führte Nora Berner biografisch-narrative Interviews mit neun Personen mit einer beginnenden Alzheimerdemenz im Alter zwischen 70 und 92 Jahren und zeichnete biographische Lern- und Bildungsprozesse nach. Neben der Krankheitsgeschichte erfasste sie die Lebensgeschichte und biografische Entwicklung ihrer Interviewpartnerinnen und Interviewpartner, deren subjektive Erfahrungen in den Mittelpunkt gerückt wurden. Die Ergebnisse zeigen, dass durch die Konfrontation mit den Gegebenheiten des Alters individuelle Strategien entwickelt werden, um mit der Diagnose umzugehen und Lebensqualität zu sichern. Einige verharmlosen oder bagatellisieren die Erkrankung, um negative Gefühle zu reduzieren, während andere aktiv Informationen über die Diagnose und Therapiemöglichkeiten suchen, um Kontrolle über die Situation zu gewinnen. Auch wenn das Erkranken an einer Alzheimerdemenz offensichtlich negativ zu bewerten ist, zeigt sich im Ergebnis, dass die Krankheit eher als alterstypischer Abbauprozess erlebt wird.

Mit ihrer Dissertation leistet Nora Berner einen wichtigen Beitrag zur erziehungswissenschaftlichen Diskussion über Bildung im Alter und eröffnet neue Perspektiven zum Gestalten von Bildungsanlässen für Menschen mit Alzheimerdemenz. Die Erziehungswissenschaftlerin Dr. Nora Berner hat an der FernUniversität in Hagen promoviert und ist aktuell wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Witten/Herdecke.

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Carolin Annemüller | 13.05.2025