Technologie trifft Psychologie

Rektor Prof. Stefan Stürmer war in der Reihe „Unternehmen Hörsaal“ am Campus Coesfeld zu Gast. Wissenschaft und Praxis kommen hier zusammen und tauschen sich aus.


Foto: BVMW
Freuen sich über die erfolgreiche Kooperation in Coesfeld: (v.li.) Nico Seidenberg (Schmidt Gruppe), Prof. Dr. Stefan Stürmer, Ursula Dertmann (beide FernUniversität) und Berthold Mühlenkamp (BVMW Münsterland).

Mit einem ebenso aktuellen wie praxisrelevanten Thema hat die Veranstaltungsreihe „Unternehmen Hörsaal“ jetzt ihre Fortsetzung gefunden. Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW Münsterland) lud in Kooperation mit dem Campus Coesfeld der FernUniversität in Hagen zu einem Vortrags- und Diskussionsabend in den Saal des Zentrums für Wissen, Bildung und Kultur in Coesfeld ein. Unter dem Titel „Psychologie der Technologieakzeptanz: Warum der Mensch oft langsamer ist als die technologische Entwicklung“ beleuchtete Prof. Dr. Stefan Stürmer, Sozialpsychologe und Rektor der FernUniversität in Hagen, die psychologischen Hintergründe der digitalen Transformation – und damit ein Thema, das in Zeiten stetigen Wandels besonders für mittelständische Unternehmen relevant ist.

Berthold Mühlenkamp, Leiter des Kreisverbandes Coesfeld, führte in das Thema ein. Im Gespräch mit Ursula Dertmann, Leiterin des Campus Coesfeld, und Nico Seidenberg, Vertreter der Schmidt Gruppe – dem Sponsorpartner des Abends – wurden erste Perspektiven auf die Bedeutung von Technologieakzeptanz und digitaler Veränderung in Bildungs- und Unternehmenskontexten eröffnet. Die Gesprächsteilnehmenden schilderten ihre Erfahrungen und Sichtweisen auf Herausforderungen im Umgang mit neuen Technologien. Sie betonten, wie wichtig es sei, Digitalisierung nicht nur technisch, sondern auch kulturell und menschlich zu denken.

Mensch im Mittelpunkt digitaler Veränderung

Im Zentrum des Abends stand die Frage, warum technologische Entwicklungen zwar rasant voranschreiten, ihre Akzeptanz bei den Menschen jedoch häufig mit Verzögerung erfolgt – ein Phänomen, das besonders im Mittelstand spürbar ist. Prof. Stürmer griff diesen Widerspruch in seinem Vortrag auf und erläuterte auf wissenschaftlicher Grundlage, wie kognitive, emotionale und soziale Prozesse die Aufnahmebereitschaft gegenüber neuen Technologien beeinflussen.

Ein zentrales Modell seiner Ausführungen war das Technologie-Akzeptanz-Modell, das aufzeigt, wie Leistungserwartung, Aufwandserwartung, soziale Erwartung und unterstützende Bedingungen das Nutzungsverhalten von Technologien mitprägen. Prof. Stürmer stellte dabei Anwendungsbeispiele wie die Einführung eines KI-basierten Chatbots vor, um zu verdeutlichen, wie Mitarbeitende auf Veränderungen reagieren – mit Hoffnungen auf Arbeitserleichterung, aber auch mit Sorgen über Mehraufwand oder Teamreaktionen.

Theorie mit Praxisbezug

Stefan Stürmer wies darauf hin, dass Widerstände häufig nicht in der Technik selbst begründet sind, sondern in fehlender Kommunikation, mangelhafter Partizipation oder unklaren Zielsetzungen. Auf dieser Grundlage präsentierte der Referent praxisnahe Strategien, mit denen Unternehmen die Akzeptanz von Neuerungen gezielt fördern können. Dazu zählen transparente Veränderungskommunikation, das frühzeitige Einbinden von Mitarbeitenden, Schulungsangebote sowie das Schaffen eines offenen Innovationsklimas.

Einen praktischen Bezug stellte Prof. Stürmer anhand einer empirischen Studie zur Einführung elektronischer Klausuren („E-Assessments“) an der FernUniversität her. Gemeinsam mit Partnern wie der RWTH Aachen und dem Leibniz-Institut für Wissensmedien wurde ein Projekt durchgeführt, das zeigte, wie individuelle Unterschiede – etwa Alter, Computerangst oder Technologieoffenheit – die Akzeptanz beeinflussen. Gleichzeitig belegte die Studie: Eigene Erfahrungen mit neuen Formaten können bestehende Vorurteile abbauen und Akzeptanz stärken.

Austausch in entspannter Atmosphäre

Nach dem Vortrag bestand im Rahmen eines Get-togethers bei Imbiss und Getränken Gelegenheit für Gespräche, Austausch und vertiefende Diskussionen. Gerade diese Verbindung aus wissenschaftlichem Impuls und Dialog ist das Markenzeichen der Reihe „Unternehmen Hörsaal“, die aktuelle gesellschaftliche, wirtschaftliche und technologische Themen aufgreift und in den Mittelstand der Region trägt.

BVMW Münsterland bringt Praxis und Wissenschaft zusammen

Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) verfolgt mit der Reihe „Unternehmen Hörsaal“ das Ziel, aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse für mittelständische Unternehmen zugänglich und nutzbar zu machen. Die Kooperation mit dem Campus Coesfeld bietet dafür einen idealen Rahmen: Wissenschaftliche Tiefe trifft auf unternehmerische Praxis, Theorie auf Erfahrungswissen, Forschung auf konkreten Handlungsbedarf.

Presse | 10.06.2025