Projekt zum ukrainischen Kino gleich dreifach erfolgreich

Dr. Olga Briukhovetska ist vor dem Krieg in der Ukraine geflohen. Ein Stipendium und Drittmittel machen die Forschung der Gastwissenschaftlerin an der FernUniversität möglich.


Foto: FernUniversität
Jun.-Prof. Irina Gradinari (rechts) und die geflüchtete Gastwissenschaftlerin Dr. Olga Briukhovetska arbeiten eng in der Forschungsgruppe „Gender Politics“ zusammen.

Seit September 2020 lebt die ukrainische Wissenschaftlerin Dr. Olga Briukhovetska nicht mehr in ihrer Heimat. Die 49-Jährige forschte und lehrte 20 Jahre als Hochschullehrerin in Kiew – bis sie mit ihren Eltern vor dem Angriffskrieg Russlands in der Ukraine fliehen musste. Ihre Flucht führte sie nach Deutschland, zunächst für zwei Jahre an die Ruhr-Universität Bochum und dann an die FernUniversität in Hagen. Seit März 2024 forscht sie als Gastwissenschaftlerin in der interdisziplinären Forschungsgruppe „Gender Politics“ unter Leitung von Junior-Professorin Irina Gradinari.

Über Bochum nach Hagen

Es ist kein Zufall, dass Olga Briukhovetskas Weg sie ausgerechnet nach Hagen geführt hat. Denn die Ukrainerin kannte die Junior-Professorin für literatur- und medienwissenschaftliche Genderforschung schon von gemeinsamen Konferenzen. Diese waren den europäischen Filmemacherinnen und insbesondere der sowjetisch-ukrainischen Regisseurin Kira Muratova gewidmet. „Außerdem hatten wir uns bereits ausgetauscht zum Einfluss von Medien auf europäische Erinnerungskulturen, insbesondere zum Kino als Medium für kollektive Erinnerung“, berichtet Irina Gradinari, deren Forschungsschwerpunkte neben den Gender Studies Erinnerungskulturen sind. „Identität wird kollektiv ausgehandelt in Literatur und Film. Da gibt es viele Anknüpfungspunkte zu unseren Projekten in der Forschungsgruppe Gender Politics. Das passte einfach gut.“

Brückenstipendium und Drittmittel

Von Haus aus ist Olga Briukhovetska Philosophin, dann wurden die Kultur- und Medienwissenschaften zu ihrem Schwerpunkt. An ihre Erfahrungen in der Ukraine knüpft die Postdoktorandin mit ihrer Forschung in Hagen an. Möglich machte das zunächst ein Brückenstipendium für Frauen der FernUni und in der Folge Drittmittelerfolge der Ukrainerin für ihr Projekt „Undurchsichtige Muster des kulturellen Traumas: Das ukrainische poetische Kino der 1960er Jahre” (siehe Infobox). Wissenschaftlich und inhaltlich beraten wurde sie dabei von Irina Gradinari. „Ich bin der FernUni für ihre Unterstützung sehr dankbar“, sagt die 49-Jährige, deren Stelle zwei Jahre lang von der Deutschen Forschungsgesellschaft (DFG) finanziert wird. „Irina Gradinari und die Forschungsgruppe Gender Politics, der Forschungsservice und das International Office haben mich hervorragend unterstützt.“ Gemeinsam mit Irina Gradinari forscht die Ukrainerin an der Schnittstelle von Gegenwartspolitik, Genderfragen und Erinnerungskultur. Als neuen Punkt bringt sie den Umgang mit traumatischen Erfahrungen und deren filmische Aufarbeitung ein, die aktuell für ukrainische Identität eine zentrale Rolle spielen. „Das Kino liefert nationale Selbstbilder, die dann außerhalb des Kinos auch reale Politik mitdefinieren“, berichtet sie. „Mein Herz ist in der Ukraine. Der Fokus auf die ukrainische Geschichte und die Trauma Studies bilden eine Brücke in die Gegenwart.“

Ein Herz für die Ukraine und für Hagen

In Olga Briukhovetskas Projekt stehen die Autorenfilme eines queeren und politisch verfolgten andersdenkenden Künstlers, Sergei Paradschanow (1924 – 1990) und seiner Schüler aus den Jahren 1965 bis 1972, im Fokus. Dabei spielen die ethnische Differenz und die Unterdrückung des Ukrainischen durch Moskau und das sowjetische Regime eine zentrale Rolle. „Das Verdrängen macht es unmöglich, schwere Erfahrungen zu verarbeiten“, erklärt sie. „Das Kino findet hier Ausdrucksformen.“

Dr. Olga Briukhovetska würde gerne über die Förderung der DFG hinaus an der FernUni bleiben. Mittlerweile lebt sie in Hagen und ist in der Stadt und auf dem Campus angekommen. „Die Ruhe an der FernUni ist perfekt für mich als geflüchtete Wissenschaftlerin“, sagt sie. „Eine Rückkehr in die Ukraine bleibt schwierig.“

Drittmittelerfolg für die FernUni

  • Die geflüchtete ukrainische Wissenschaftlerin Dr. Olga Briukhovetska hat von März 2024 bis Februar 2025 ein FernUni-Brückenstipendium für Frauen „Karrierebrücke Promotion – Postdocphase“ im Rahmen des Professorinnenprogramms III des Bundes und der Länder erhalten.
  • Im Rahmen ihres Brückenstipendiums hat Olga Briukhovetska drei Drittmittelanträge ausgearbeitet – alle drei wurden bewilligt.
  • Bereits der erste Antrag war erfolgreich. Briukhovetska erhält eine Förderung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen des Walter Benjamin-Programms. Für zwei Jahre finanziert die DFG eine Walter-Benjamin-Stelle für die ukrainische Gastwissenschaftlerin an der FernUni.
  • Fast gleichzeitig mit dem Bewilligungsschreiben der DFG erhielt sie eine Bewilligung für ihren Drittmittelantrag im Rahmen des Förderprogramms MSCA4Ukraine. Von über 550 Anträgen wurden nur 49 bewilligt.
  • Anschließend bekam Olga Briukhovetska auch die Förderung der Philip-Schwartz-Initiative der Alexander von Humboldt-Stiftung für gefährdete Wissenschaftler:innen. Da eine Kombination nicht möglich war, entschied sich Olga Briukhovetska aufgrund der für sie besseren Rahmenbedingungen für die Förderung der DFG.

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Carolin Annemüller | 04.06.2025