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Plädoyer: Die e-Klausur, ein Fortschritt?

[29.06.2020]

Nina Vojkovic lebt in Australien und studiert an der FernUniversität in Hagen. Bisher musste sie für Klausuren nach Deutschland reisen, doch die e-Klausuren ermöglichen ihr die Teilnahme von zu Hause aus. Mit den elektronischen Prüfungen hat die ReWi-Fakultät auf die anfangs strengen Corona-Maßnahmen reagiert. Studierende sollten die Möglichkeit bekommen, ihre Studienleistungen ohne Einschränkungen erbringen zu können.


Foto: Nina Vojkovic
Nina Vojkovic studiert im LL.B. kombiniert mit EJP.

Für viele Studierende ist es ein Hindernis, Präsenzveranstaltungen zu besuchen oder ihre Teilnahme an Klausuren zu planen – ob der Grund in der Suche der Kinderbetreuung, der Urlaubsbeantragung oder in der Anreise aus dem Ausland liegt.

Als in Australien lebende Deutsche, ermöglicht mir die FernUniversität in Hagen den Traum der juristischen Ausbildung. Was vor einigen Jahren noch unvorstellbar war, ist heute Realität: Die Ausbildung aus der Ferne machen, den familiären Alltag meistern, oder auch eine ganz neue Berufsrichtung für sich entdecken – all das wird mir mit dem großen Ziel Staatsexamen ermöglicht.

Gute Erfahrungen mit dem Online-Experiment

In diesem Semester konnte ich zum ersten Mal an einer e-Klausur teilnehmen. Meine Erfahrung mit diesem Online-Experiment würde ich insgesamt als gut bezeichnen. Auch wenn auf mich alleine gestellt, fühlte ich mich am eigenen Schreibtisch sitzend um einiges ruhiger und konnte mich demnach auch besser auf die konkreten Problematiken im Sachverhalt konzentrieren. Außerdem hatten wir im Modul Propädeutikum auch um einiges länger Zeit als in der herkömmlichen Präsenzklausur.

Auch wenn die e-Klausuren in diesem Semester wohl eher aus der Not heraus durch die Umstände der Corona Pandemie geschah, waren sie meines Erachtens nach ein Erfolg. Die e-Klausuren dauerhaft anzubieten, würde außerdem einen finanziellen und zeitlichen Vorteil darstellen, da die Anreise nach Europa für mich nicht mehr nötig wäre. Befürworter sehen das Modell der e-Klausur sicherlich als einen Fortschritt und vielleicht sogar auch als Chance für die zukünftige Gestaltung des Jurastudiums.

Mit Blick auf die Präsenzklausuren müsste man sich auch fragen: Ist eine Fallbearbeitung in zwei Stunden ohne die literarischen Hilfswerke, die einem Juristen oder einer Juristin im Alltag zur Verfügung stehen würden, wirklich realitätsnah? Man könnte sich auch fragen, ob es die angehenden Juristinnen und Juristen nicht besser vorbereiten würde, den Fall am gewohnten Schreibtisch mit allen literarischen Mitteln, die ihnen auch sonst zur Verfügung stehen, zu lösen.

Das Staatsexamen sollte nicht darunter leiden

Das Schwierigkeitslevel der Sachverhalte in den Klausuren müsste natürlich dementsprechend angepasst werden und eine Verlängerung der Bearbeitungszeit wäre durch die Suche nach Quellen wohl auch hilfreich. Dadurch könnte es Studierenden den Start ins spätere Berufsleben erleichtern und die Planung an der Teilnahme von Klausuren würde sich für viele einfacher gestalten. Skeptiker behaupten jedoch, das Schreiben von Klausuren im Onlineformat könnte das Niveau der Arbeit verringern und die Vorbereitung zum Staatsexamen erschweren.

Alles in allem stellen e-Klausuren zwar eine super Alternative dar, jedoch darf meiner Meinung nach die Vorbereitung auf das Staatsexamen keinesfalls vernachlässigt werden. Denn nur durch die Übung von Falllösungen unter Examensbedingungen kann meines Erachtens eine gute Vorbereitung gewährleistet werden.

Nina Vojkovic | 09.04.2024