Investieren Eltern grüner?

Das Label „Nachhaltigkeit“ ist auch bei Geldanlagen im Trend. Wer entscheidet sich eher für grüne Fonds – Eltern oder Menschen ohne Kinder? Ein FernUni-Forscher will es aufdecken.


Foto: Nuthawut Somsuk/iStock/Getty Images Plus
Grüne Fonds und ETFs versprechen Klimaschutz und ethische Standards einzuhalten.

Damit Kinder auf eine sorgenfreie Zukunft blicken können, handeln Eltern in einigen Lebensbereichen nachhaltiger als Menschen ohne Kinder. „Bei vielen findet nach der Geburt ein Umdenken statt“, sagt Dr. David Shkel von der FernUniversität in Hagen. „Eltern wollen ihrem Nachwuchs eine intakte Umwelt hinterlassen, kaufen mehr Biolebensmittel, greifen häufiger zu umweltfreundlichen Putz- und Waschmitteln, um ihre Kinder weniger Chemikalien auszusetzen.“ Shkel ist Post-Doc am Lehrstuhl für Bank- und Finanzwirtschaft (Prof. Dr. Rainer Baule). In einem Forschungsprojekt möchte er herausfinden, ob sich dieses ökologische Bewusstsein auch bei der Geldanlage zeigt.

Typischerweise sind Menschen, die nachhaltig investieren, daran interessiert, ihr Geld in Anleihen von Unternehmen zu stecken, die mit ökologischen und klimaschützenden Maßnahmen in Verbindung stehen oder gewisse ethische Standards erfüllen. Grüne Fonds oder ETFs (Exchange Traded Funds) beinhalten zum Beispiel Aktien einzelner klimabewusster Unternehmen in einem Bündel. Grün lässt sich auch direkt in Projekte für erneuerbare Energien investieren. Das angelegte Geld fließt größtenteils oder vollständig in Wind- oder Solarparks oder trägt zur Aufforstung von Wäldern bei. Wie hoch die Nachhaltigkeit eines Finanzprodukts ist, darüber gibt ein spezielles Rating Aufschluss. Das ESG-Rating bewertet Fonds und die Unternehmen dahinter hinsichtlich ihrer Umwelt-, Sozial- und Unternehmensführungsstandards. ESG steht für Environment, Social und Governance.

Investitionsentscheidungen von tausend Personen analysieren

Für seine Untersuchung will Shkel Einblick in das Sparverhalten von circa tausend Personen gewinnen. „Ich lege ihnen zwei oder drei fiktive ETFs mit unterschiedlichen Nachhaltigkeitsgraden sowie Rendite- und Risikokennzahlen vor. Wie bei der Zusammenstellung eines Sparplans im echten Leben sollen sie sich dann für eines der Produkte entscheiden.“ Im Anschluss prüft der Wissenschaftler, ob Eltern bereit sind, mehr für ein grünes Label zu zahlen als Kinderlose. Mit ersten Ergebnissen rechnet er Ende des Jahres.

David Shkel Foto: Privat

„Bei vielen findet nach der Geburt ein Umdenken statt. Eltern wollen ihrem Nachwuchs eine intakte Umwelt hinterlassen, kaufen mehr Biolebensmittel, greifen häufiger zu umweltfreundlichen Putz- und Waschmitteln.“

David Shkel

Die Idee zu dem Forschungsprojekt kam ihm nicht zuletzt deshalb, weil er selbst Vater ist. „Meine Tochter ist jetzt sieben. Ich stelle fest, dass sich seit ihrer Geburt meine Ansichten ein bisschen verschoben haben. Plötzlich sind ganz andere Dinge wichtig und das nehme ich auch bei Eltern im Bekanntenkreis wahr.“ Als Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit würde er sich zwar nicht bezeichnen, macht sich aber trotzdem mehr Gedanken über die Zukunft als früher.

Nicht ausgewiesene Kosten erkennen

In einem zweiten Projekt, das David Shkel nahtlos an dieses erste anknüpfen möchte, widmet er sich versteckten Kosten in strukturierten Finanzprodukten. „Besser sind strukturierte Finanzprodukte unter dem Begriff Zertifikate bekannt. Sie richten sich eher an informierte Privatanleger und bieten vielfältige Renditechancen.“ Lange Zeit mussten sich Zertifikate den Vorwurf versteckter Kosten gefallen lassen. Besonders während der Finanzkrise 2008 sind sie in Verruf geraten. „Seitdem gibt es seitens der EU die Bestrebung, mehr Transparenz zu schaffen“, ordnet Shkel die Entwicklung ein.

„Seit 2018 müssen die Kosten in Deutschland und der restlichen EU direkt ausgewiesen werden. Hier heißt es dann: Das Zertifikat kostet 98 Euro, hinzu kommen zwei Euro Kosten“ Nicht so in den USA, wo die Kosten weiterhin nicht klar gekennzeichnet werden müssen. „Dort heißt es dann: Das Zertifikat kostet 100 Euro, der faire Preis liegt bei 98 Euro. Die Information ist identisch, aber die Wahrnehmung bei Käuferinnen und Käufern vielleicht eine andere.“ Genau das möchte Shkel herausfinden – ob Anlegerinnen und Anleger die ausgewiesenen Informationen in beiden Fällen gleich gut verstehen. Mit Ergebnissen dieser zweiten Studie rechnet er jedoch erst Ende 2024.

Für die Umsetzung beider Forschungsprojekte wird er seit November 2022 durch ein Stipendium der Joachim-Herz-Stiftung in Höhe von 12.500 Euro gefördert. Dabei handelt es sich um ein zweijähriges Programm, welches innovative Forschungsansätze in den Wirtschafts- und Naturwissenschaften unterstützt. Das Programm richtet sich an Nachwuchswissenschaftler:innen, die Wissen in einer an die Wirtschaftswissenschaften grenzenden Disziplin vertiefen möchten. Das Geld kann flexibel und individuell eingesetzt werden, zum Beispiel für Forschungsaufenthalte und Konferenzbesuche, zur Anschaffung von Hard- oder Software oder zum Zweck der Datenerhebung.

 

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Sarah Müller | 29.03.2023