„Die größte Herausforderung ist der Übergang zu einer CO₂-neutralen Wirtschaft”

Wie der Forschungsschwerpunkt die Herausforderungen in den Themenfeldern Energie, Umwelt & Nachhaltigkeit (E/U/N) angeht, erklärt Direktor Prof. Karsten Kieckhäfer im Interview.


Foto: Tanankorn Pilong/GettyImages

FernUniversität: Wie geht der Forschungsschwerpunkt die Herausforderungen in den Themenfeldern Energie, Umwelt und Nachhaltigkeit an?

Prof. Karsten Kieckhäfer: Wir fördern im Schwerpunkt die interdisziplinäre Forschung, zwischen den Fakultäten und auch zwischen den Mitgliedern aus einer Fakultät. Die heutigen Herausforderungen sind so komplex, dass man sie besser aus verschiedenen fachlichen Blickwinkeln bearbeitet. Die Interdisziplinarität bildet sich bei uns in sogenannten Clustern, kleineren Forschungsgruppen, ab. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler arbeiten in diesen Clustern gemeinsam an spezifischen Themen. Zudem werden vielfach Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen, Verbände, Verwaltung und Politik in die Forschungsprojekte eingebunden. Ein Beispiel dafür ist das Projekt ,Hemm‘ den Wind‘, in dem es um die Akzeptanz von Windenergie geht – und den Widerstand dagegen. Hier arbeiten verschiedene Disziplinen zusammen, Politikwissenschaft, Psychologie und Rechtswissenschaften, dazu kommt die Sicht der Fachagentur Wind und weiterer Praxispartner. Die Projektergebnisse sollen dabei helfen, die Ausbauziele für Windenergie in Deutschland zu erreichen.

Prof. Karsten Kieckhäfer, Direktor des Forschungsschwerpunkts E/U/N Foto: Volker Wiciok

Unsere Studierenden sind zentrale Multiplikatoren für den Transfer, da etwa 80 Prozent berufstätig sind und Wissen aus Forschung und Lehre in ihren Arbeitsalltag integrieren.

Prof. Karsten Kieckhäfer, Direktor des Forschungsschwerpunkts E/U/N

Wie lassen sich Forschungsergebnisse in die Praxis übertragen?

Unsere Studierenden sind zentrale Multiplikatoren, da etwa 80 Prozent berufstätig sind und Wissen aus Forschung und Lehre in ihren Arbeitsalltag integrieren. Zudem fördern wir den Austausch durch Ringvorlesungen, Netzwerke und Kooperationen. Damit sind wir auf unterschiedlichen Ebenen aktiv, insbesondere lokal und regional und dies gleichermaßen mit Akteuren aus der Praxis und der Wissenschaft. Wissenschaftlich sind wir beispielsweise mit Fraunhofer Umsicht verbunden und bauen eine Forschungskooperation mit dem Wuppertal Institut auf. Zudem gelingt uns der Transfer über unsere anwendungsorientierten Forschungsprojekte, in denen Praxispartner direkt einbezogen sind. All diese Netzwerke und Kooperationen helfen uns, die Wirksamkeit und Sichtbarkeit unserer Forschung zu erhöhen.

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Beitrag aus dem FernUni-Newsletter @fernuni.

Fernuni-newsletterFoto: Jakob Studnar

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Welche Herausforderungen – und Chancen – sehen Sie in den nächsten zehn Jahren?

Die größte Herausforderung ist der Übergang zu einer CO₂-neutralen Wirtschaft. Da gibt es eine Reihe von Hemmnissen, die nicht von der Hand zu weisen sind. Wir haben eine etablierte Infrastruktur und entsprechende Verhaltensmuster, die Veränderungen oftmals entgegenwirken. Diese Veränderungen sind zudem mit hohen Investitionen und Kosten verbunden. Auch die geopolitische Lage macht es nicht einfacher. Wissenschaftlicher Konsens wird umgedeutet, Gesetze werden außer Kraft gesetzt oder zumindest abgeschwächt, Vereinbarungen gelöst. Dadurch erhöhen sich Unsicherheiten, mit negativen Folgen für die Transformation unseres Wirtschaftssystems. Auch der Zugang zu wichtigen Rohstoffen, die wir für viele Technologien brauchen, wird hierdurch unter Umständen weiter erschwert. Wir dürfen aber nicht aufgeben.

Wenn wir dem Klimawandel nicht entschieden entgegenwirken, ist die Grundlage für unser Lebens- und Wirtschaftsweise gefährdet. Und wir sehen auch Erfolge, zum Beispiel im Bereich erneuerbarer Energien. Windkraft und Photovoltaik hatten im vergangenen Jahr einen Anteil von über 45 Prozent am Strom, der ins deutsche Netz eingespeist wurde. Es wäre zu wünschen, wenn in Deutschland in Hochtechnologiebereichen, die für die Transformation erforderlich sind, wettbewerbsfähige Geschäftsmodelle und neue Arbeitsplätze entstehen. Für den Erfolg der Transformation wird es entscheidend sein, dass wir diese wirtschaftlich effizient und sozial gerecht gestalten können.

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Anja Wetter | 28.04.2025