Das Netzwerk Energieeffizienz und Nachhaltigkeit: Vom Austausch zur Strategie

Um Erfahrungen und Ideen auszutauschen, braucht es Plattformen und Gelegenheiten – besonders wenn es um Energieeffizienz, Klimaschutz und Nachhaltigkeit geht.


Foto: Jonathan Kitchen/GettyImages

Im Forschungsschwerpunkt Energie, Umwelt & Nachhaltigkeit hat die FernUniversität in Hagen Kooperationen mit verschiedenen Einrichtungen und Netzwerken aufgebaut und gibt Impulse für neue Initiativen.

Forum für Interessengruppen

Aus reinen Informationsveranstaltungen zu Gebäudesanierungen und Heizsystemen hat sich so das Netzwerk Energieeffizienz und Nachhaltigkeit entwickelt. „Wir bieten verschiedenen regionalen Interessengruppen ein Forum. Hier trifft Wissenschaft auf Praxis. Die FernUniversität ist ein wichtiger Knotenpunkt in diesem Netzwerk“, sagt Prof. Dr. Bernhard Kreße. Er ist seit 2022 Professor für Bürgerliches Recht, Deutsches und Europäisches Wirtschaftsrecht, Energierecht und Rechtsvergleichung an der FernUniversität, beschäftigt sich unter anderem mit Fragen zum energierechtlichen Vertrauensschutz und leitet das Netzwerk für die FernUni. Es setzt sich zusammen unter anderem aus Vertreter:innen der Stadt Hagen, des Energieversorgers Enervie, der Wohnungsgenossenschaften, des Handwerks, der Verbraucherzentrale sowie den Vereinen Mieterbund und Haus & Grund. „Mieterschutz und Eigentumsrechte spielen bei der Umsetzung neuer Energiekonzepte eine entscheidende Rolle.“

Informiert bleiben

Beitrag aus dem FernUni-Newsletter @fernuni.

Fernuni-newsletterFoto: Jakob Studnar

Lesen & abonnieren

Kommunale Wärmeplanung

Im vergangenen November stand die kommunale Wärmeplanung im Fokus einer Veranstaltung des Netzwerkes. Das neue Gesetz legt die Grundlagen für eine flächendeckende und verbindliche Wärmeplanung in Deutschland – mit dem Ziel einer CO2-neutralen und dezentralen Versorgung. Das betrifft großflächige Entscheidungen. „Da geht es beispielsweise um die Frage: Setzen wir auf Fernwärme oder auf individuellere Lösungen wie den Einbau von Wärmepumpen?“, beschreibt Kreße. Die Umsetzung ist in nationalen Gesetzen wie dem Wärmeplanungsgesetz und dem Gebäudeenergiegesetz verankert, wobei auch Bundesländer eigene Regelungen erlassen.

„Die kommunale Wärmeplanung muss den bundes- und landesgesetzlichen Vorgaben entsprechen“, betont Kreße. „Wie sich diese Vorgaben praxisgerecht gestalten lassen, erfordert einen kontinuierlichen Austausch der beteiligten Akteure. Nur so entsteht auf dem Weg eine sinnvolle Strategie, aus der sich Handlungsempfehlungen ableiten.“ Die Städte und Gemeinden stehen dabei unter Zeitdruck, die gesetzlichen Fristen – Großstädte wie Hagen müssen bis 2026 fertig sein – sind eine Herausforderung. „Zumal unklar ist, ob das ,Heizungsgesetz‘ und die kommunale Wärmeplanung nach der neuen Regierungsbildung politisch Bestand haben“, gibt Bernhard Kreße zu bedenken.

Foto: peart/GettyImages
Beim „Energy Sharing“ geht es darum, als Privatpersonen oder Unternehmen Energie gemeinsam zu erzeugen, zu verbrauchen, zu speichern und auch zu verkaufen.

Energiegemeinschaft(en)

Das Netzwerk zieht die Motivation aus dem Grundgedanken, dass die Energiewende notwendig ist und nur gemeinsam gelingt. „Deshalb wollen wir kontinuierlich weiterarbeiten und das Format Podiumsdiskussionen beibehalten. Es trägt Früchte.“ Das Thema für den nächsten Termin steht bereits fest: „Energy Sharing“. Das Thema ist im Lehrgebiet von Kreße verankert: Sebastian Strocka promoviert zu Energy Sharing. „Energy Sharing bedeutet die gemeinschaftliche Nutzung von Energie. Es ist europarechtlich vorgegeben, muss aber national umgesetzt werden“, erläutert er das Konzept und die rechtliche Verankerung. Verbraucher:innen – ob Privatpersonen oder bestimmte Unternehmen – können Energie gemeinsam erzeugen, verbrauchen, speichern und verkaufen. „Man möchte die zentralen Strukturen der großen Energieversorger dezentralisieren, um mehr Energie lokal zu erzeugen. Das große Ziel ist die Klimaneutralität bis 2050, vorgegeben durch europäische Gesetzgebung.“ Deutschland will es (sogar) bis 2045 schaffen.

Strocka untersucht nun, wie sich der rechtliche Rahmen der EU mit nationalen Gesetzen vereinbaren lässt. Die europäischen Richtlinien – Erneuerbare-Energien-Richtlinie und Elektrizitätsbinnenmarkt-Richtlinie – geben klare Vorgaben an die Mitgliedstaaten. „Die Idee ist aus Sicht der Energieeffizienz sinnvoll, aber die Umsetzung in den Ländern stockt. Der Bundesgesetzgeber hat die Richtlinien bisher nur unzureichend umgesetzt“, kritisiert Strocka. Vor allem rechtliche Hürden wie steuerliche Fragen und das europäische Beihilferecht seien problematisch: „Energiegemeinschaften könnten von steuerlichen Vorteilen profitieren, aber dann landen wir schnell im europäischen Beihilfeverbot.“

Der soziale Faktor

Neben wirtschaftlichen Aspekten spielt der soziale Faktor eine große Rolle. „Man möchte den Zusammenschluss von Nachbarn fördern – das ist der soziologische Gedanke dahinter“, erklärt Strocka. Besonders einkommensschwache und von Energiearmut betroffene Haushalte sollen gezielt unterstützt werden. „Die sollen speziell gefördert werden, das legt die Richtlinie fest.“

Prof. Bernhard Kreße, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Deutsches und Europäisches Wirtschaftsrecht, Energierecht und Rechtsvergleichung Foto: Volker Wiciok

Energie ist ein fächerübergreifendes Thema.

Prof. Bernhard Kreße, Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Deutsches und Europäisches Wirtschaftsrecht, Energierecht und Rechtsvergleichung

Akzeptanz und Widerstand

Ein weiterer entscheidender Punkt ist die gesellschaftliche Akzeptanz von Maßnahmen zur Energiewende. „Diese Akzeptanzfragen wären ein wichtiges Thema für eine Podiumsdiskussion“, meint Kreße. „An der FernUni beschäftigt sich unter anderem Politikwissenschaftlerin Annette Töller intensiv mit Aspekten zur Akzeptanz für Windkraftanlagen.“ Der Unterschied: Bei Windkraft geht es darum, Bürger:innen dazu zu bewegen, eine mögliche Belästigung zu akzeptieren. „Bei Energy-Sharing-Gemeinschaften ist das anders – da geht es nicht darum, sich gegen eine Belastung zu wehren, sondern eine Initiative zu ergreifen. Es geht um positive Motivation.“

Auch Prof. Annette Töller ist Mitglied im Forschungsschwerpunkt E/U/N. Von dieser Interdisziplinarität bei E/U/N soll auch das Netzwerk weiterhin profitieren. „Das ist unser großes Plus – Energie ist ein fächerübergreifendes Thema“, betont Kreße. Für zukünftige Veranstaltungen hofft er auf weitere Impulse: „Ich würde mir wünschen, dass sich daraus etwas entwickelt. Das Podium würden wir entsprechend besetzen.“

Das könnte Sie noch interessieren

Anja Wetter | 28.04.2025