Von Colombo nach Hagen – und zurück mit einem Koffer voller Eindrücke
Nach 18 Monaten heißt es Abschied nehmen: Gastwissenschaftlerin Dr. Wathsala Athukorala aus Sri Lanka verlässt die Universitätsbibliothek der FernUni mit vielen neuen Erfahrungen.

Wenn man Wathsala Athukorala nach ihren ersten Gedanken zu Hagen fragt, zuckt sie lächelnd mit den Schultern: „Ich hatte auf Berlin gehofft – und bekam Hagen. Heute kann ich sagen: Es war das Beste, was mir passieren konnte.“ Die 51-jährige Bibliothekswissenschaftlerin aus Sri Lanka war für anderthalb Jahre Gast an der Universitätsbibliothek der FernUniversität in Hagen. Nun verabschiedete sich das Team mit einem herzlichen Frühstück – und einer großen Portion Wehmut.
Ein glücklicher Zufall – mit Folgen
Dass Athukorala überhaupt nach Hagen kam, war einem kleinen Zufall zu verdanken – und einem großen Netzwerk: Der Kontakt entstand über die renommierte Humboldt-Stiftung. Deren Programme bringen Forschende aus aller Welt nach Deutschland. Dass Dr. Athukorala schließlich ausgerechnet in der UB in Hagen landete, lag an Prof. Dr. Eric Steinhauer, Leiter der Bibliothek und Honorarprofessor in Berlin. „Ich bin im Humboldt-Mail-Verteiler – und dann war da plötzlich diese Bewerbung. Die hat mich sofort überzeugt“, erinnert er sich. Und überzeugt hat die Forscherin dann auch vor Ort. „Sie war eine große Bereicherung für unser Team“, sagt Steinhauer. „Und ein sehr angenehmer Nebeneffekt: Unser Englisch hat sich in der Zeit auch merklich verbessert.“
Palmblattwissen und Open Science
In ihrer Heimat ist Athukorala stellvertretende Leiterin der Universitätsbibliothek in Sri Lankas Hauptstadt Colombo sowie Leiterin der Bücherei des Sri Palee Campus – einer Zweigstelle der Hauptbibliothek. Sie bringt einen Master in Soziologie und Bibliothekswissenschaft mit, promovierte in Wuhan (China) und war zunächst als Dozentin tätig, bevor sie in leitende Positionen wechselte.
„Diese offene, nutzungsorientierte Haltung in deutschen Bibliotheken würde ich gerne mitnehmen.“
Dr. Wathsala Athukorala
In Hagen beschäftigte sie sich mit „Social Media Library Marketing“ – und stellte fest: Es gibt große Unterschiede. „In Sri Lanka ist Facebook das wichtigste berufliche Netzwerk – hier hat es eher ein schlechtes Image“, sagt sie lachend. Auch der Zugang zur Bibliothek sei völlig anders. „In Sri Lanka sind Unibibliotheken oft nur für Studierende und Mitarbeitende zugänglich. Hier kann jeder rein. Das hat mich beeindruckt.“
Besonders fasziniert war sie vom europäischen Umgang mit Open Science. „In Finnland zum Beispiel kann jeder und jede Einblicke in Forschungsartikel bekommen. Bei uns in Sri Lanka gibt es so viele alte Palmblatt-Manuskripte – dieses Wissen muss dringend digitalisiert werden, bevor es verloren geht.“
Berlin, Rom, Istanbul – und ein türkischer Supermarkt
Neben und mit ihrer Forschung hat sie Europa bereist: Istanbul, Rom, Helsinki, Hamburg, Leipzig, Dresden, Hannover – und ja, auch Berlin. In Istanbul gewann sie sogar den Best Paper Award auf einer Fachkonferenz. „Das war einer meiner stolzesten Momente.“ Und auch der Alltag in Deutschland hatte seine Höhepunkte – überraschende inklusive.

„Ich habe meine Gewürze in einem türkischen Laden gefunden. Das hat mir das Kochen wie zuhause ermöglicht“, erzählt sie strahlend. Überhaupt habe sie sich in Hagen schnell eingelebt. „Ich konnte alleine einkaufen gehen – das klingt banal, war für mich aber ein Freiheitsmoment.“ In Teilen Sri Lankas sei es noch immer unüblich, dass Frauen allein unterwegs sind.
Kollegialität macht den Unterschied
Doch nicht alles verlief nach Plan. Mitten im Aufenthalt wurde bei ihr eine lebensbedrohliche Erkrankung festgestellt. „Das war eine intensive Zeit – ohne meine Familie, aber mit der unglaublichen Unterstützung meines Teams hier.“ Dank der medizinischen Versorgung in Deutschland konnte sie genesen. „Das ist ein Geschenk, für das ich unendlich dankbar bin.“
Ihr Mann und ihr neunjähriger Sohn besuchten sie nur einmal für drei Monate. Ansonsten lebte sie allein für sich in einer kleinen Wohnung – mit viel Selbstorganisation, Mut und Hilfe aus dem Kollegium. „Sie hat das mit einer bewundernswerten Stärke gemeistert“, sagt eine Kollegin. „Und sie hat uns alle bereichert – fachlich wie menschlich.“
Zurück mit Visionen
Jetzt geht es zurück nach Sri Lanka – mit vielen neuen Ideen. „Diese offene, nutzungsorientierte Haltung in deutschen Bibliotheken würde ich gerne mitnehmen. Vielleicht können wir uns auch in Sri Lanka mehr für die Öffentlichkeit öffnen.“ Auch die Digitalisierung und die Idee der Wissenschaft als Gemeingut will sie weitertragen.
Die UB Hagen verliert eine Forscherin mit Herz und Vision, gewinnt aber eine internationale Botschafterin. Oder, wie es Eric Steinhauer formulierte: „Sie kam als Gast – und geht als Freundin.“