Psychische Gesundheit in Berliner Clubs

Wie sich die psychische Gesundheit von Mitarbeitenden im Nachtleben stärken lässt, zeigt ein gemeinsames Projekt der Berliner Clubcommission, der Charité Berlin und der FernUni.


Foto: dv682009/And Images/Photodisc/GettyImages
Mitarbeiter:innen in der Clubszene sind besonderen Belastungen ausgesetzt.

Laute Musik, angetrunkene Gäste, Nacht- und Wochenendarbeit, arbeiten, wenn andere feiern: Ob DJ:ane, Barkeeper:in oder Türsteher:in – Mitarbeiter:innen in der Clubszene sind besonderen Stressfaktoren ausgesetzt. Das ist Ergebnis des Projekts „Mental Health in Clubs“. Wie sich die psychische Gesundheit der Mitarbeiter:innen im Nachtleben stärken lässt, zeigt das gemeinsame Projekt der Berliner Clubcommission, der Charité Berlin und der FernUniversität in Hagen.

„Bisher gab es noch keine Forschung zu Clubs als Arbeitgeber und in der Clubszene auch keine Strukturen für betriebliches Gesundheitsmanagement“, erklären Prof. Dr. Jenny Sarah Wesche und ihre wissenschaftliche Mitarbeiterin Inka Krüger aus dem Lehrgebiet Wirtschaftspsychologie. Wie also kann die psychische Gesundheit von Mitarbeiter:innen im Nachtleben besser geschützt und ihre Resilienz verbessert werden? „Die Berliner Clubcommission als Interessensvertretung der Berliner Clubkultur hat quasi die Verantwortung der einzelnen Clubs als Arbeitgeber übernommen“, ordnet Jenny Sarah Wesche ein. „Nur wenn ihre eigenen Mitarbeiter:innen gesund bleiben, können Clubs ihren Gästen einen schönen Abend und einen sicheren Raum bieten, in dem sie unbeschwert feiern können.“

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Substanzkonsum und Gewalt

Zwei Jahre lang nahmen sieben Pilotclubs an dem vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales geförderten Projekt teil. Das Forschungsteam der FernUni übernahm die wissenschaftliche Begleitung und profitierte dabei sowohl von der Hagener Digital Health Community als auch vom Berliner Campusstandort der FernUni. „Das waren wichtige Ressourcen für unser Projekt: inhaltlich für unsere wissenschaftliche Arbeit im Schwerpunkt Gesundheit und räumlich für unser Netzwerk vor Ort“, unterstreicht Jenny Sarah Wesche.

Wie die Ergebnisse der FernUni-Wissenschaftlerinnen zeigen, ist einerseits die Identifikation der Mitarbeiter:innen mit der Berliner Clubszene besonders groß. „Diese hat eine hohe Anziehungskraft“, erläutert Jenny Sarah Wesche. „Es ist eine besondere Community. Die Menschen arbeiten dort sehr gerne und wollen unbedingt Teil dieser Gemeinschaft sein.“

Anderseits gibt es zahlreiche Belastungen, die sich negativ auf die Gesundheit auswirken. „Die Menschen sind belastet. Ihre Werte für Erschöpfung und depressive Symptome sind leicht erhöht“, fasst Inka Krüger zusammen. Zum Beispiel werden Lärm, Nachtarbeit und eine – gerade in kleineren Clubs – oft unzureichende Infrastruktur wie fehlende Personalräume als belastend empfunden. Zahlreiche Mitarbeiter:innen haben zudem keine Berufsausbildung, keine Festanstellung und oft auch keine ausreichenden Deutschkenntnisse. „Viele der Club-Mitarbeiter:innen können daher nicht einfach in andere Jobs wechseln, die weniger belastend sind“, ergänzt Wesche. Problematisch seien zudem der Substanzkonsum unter Gästen aber auch im Team selbst sowie brenzlige Situationen mit Gästen bis hin zu Gewalt und sexuellen Übergriffen. „Die Menschen sind dafür nicht ausgebildet. Es gibt oft keine Auffangstrukturen“, sagt Wesche.

Foto: Volker Wiciok
Prof. Jenny Sarah Wesche übernahm die wissenschaftliche Begleitung und profierte dabei von der Hagener Digital Health Community sowie vom Campusstandort in Berlin.

Von Workshops über Supervision bis zur Psychotherapie

Mit Hilfe von Gruppendiskussionen und Interviews sind geeignete Maßnahmen erarbeitet und anschließend erprobt und evaluiert worden. Die Angebote wurden mit der Psychosomatischen Klinik der Charité sowie der Deutschen Psychologen Akademie (DPA) umgesetzt. Dabei reichte die Palette von Workshops für Mitarbeiter:innen und Führungskräfte über Supervisionen und achtsamkeitsbasierten Ausgleich bis hin zu psychotherapeutischen Interventionen am Arbeitsplatz und Kurzzeittherapie mit Psycholog:innen der Charité. „Ziel war es, mit einem Strauß an Möglichkeiten das Wohlbefinden der Mitarbeiterinnen zu verbessern und die Belastung zu reduzieren“, fassen die Wissenschaftlerinnen der FernUni zusammen. Das ist teilweise gelungen. „Für die Arbeitszufriedenheit und Identifikation haben sich bereits Verbesserungen ergeben“, sagt Inka Krüger.

Weitere Fortschritte sollen folgen. Denn das Projekt war erst der Anfang. Nach dem Abschluss im Juni 2025 werden aktuell die Ergebnisse in nachhaltige Strukturen überführt und langfristig Unterstützungsangebote aufgebaut, etwa gemeinsam mit der Senatsverwaltung in Berlin. Entsprechende Angebote sollen in Zukunft für alle (Berliner) Clubs entstehen. Die Ergebnisse von „Mental Health in Clubs“ werden außerdem in Form von Handlungsempfehlungen zur betrieblichen Gesundheitsförderung an die gesetzlichen Krankenkassen weitergeleitet.


Fernglas-2025-2026

Beitrag aus dem Wissenschaftsmagazin fernglas 2025/2026.
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