Digitale Kartographie unterstützt forschendes Lernen

Das Lehrgebiet Geschichte und Gegenwart Alteuropas setzt einen Studienbrief mit virtueller Plattform ein, über die Studierende lernen und forschen können.


Historische Karte von Paris Foto: nicoolay/E+/Getty Images
Der Scan einer Karte aus dem 17. Jahrhundert zeigt, reich dekoriert und verziert, den mittelalterlichen Grundriss von Paris.

Historische Karten sind konservatorisch sensibel und liegen in der Regel in unterschiedlichen Archiven. Das macht die Arbeit damit umständlich – vor allem für Fernstudierende. Allerdings: „Der methodisch fundierte Umgang mit Quellenmaterial und der kritische Austausch darüber gehören zu den grundlegenden Fähigkeiten einer Historikerin und eines Historikers“, sagt Dr. Julia Breittruck, Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Lehrgebiet Geschichte und Gegenwart Alteuropas an der FernUniversität. „Wo analoge Arbeitsweisen an ihre Grenzen stoßen, sollten diese Fähigkeiten mithilfe neuer digitaler Methoden unterstützt und gefördert werden.“

Es trifft sich: Die Frühneuzeithistorikerin Breittruck verfolgt im Lehrgebiet digitale Projektideen. „Ich habe nicht nur Interesse an digitalen Formaten in der Lehre, sondern auch daran, historische Artefakte virtuell darzustellen und operationalisierbar zu machen“, unterstreicht sie.

Fellowship für Innovationsprojekt

So hat sie ein Innovationsprojekt angestoßen: „Die Geschichte der Kartographie forschend erlernen – ein Studienbrief mit virtueller Forschungsumgebung“, eine digitale Plattform für die Vermittlung, Erschließung und den Austausch über historische Karten in der Lehre des Historischen Instituts der FernUniversität in Hagen. Ziel ist es, den derzeit als Pilotprojekt im Masterstudiengang „Geschichte Europas“ laufenden hybriden Kurs „Die Welt erfassen. Eine Geschichte der Kartographie“ digital so aufzubereiten, dass er den Studierenden ein Mehr an Interaktivität sowie fachlicher Erkenntnis ermöglicht.

Portrait einer Frau Foto: Picture People
Frühneuzeithistorikerin Julia Breittruck

Ein digitales Lehrprogramm soll Studierenden also erleichtern, was im Archiv nicht so leicht möglich ist: direkt am Material zu kommentieren, zu vergrößern, zu vergleichen – und dabei kollaborativ zu arbeiten. „Außerdem regt es den Austausch zwischen Fernstudierenden an“, so Breittruck, die seit April 2018 an der FernUniversität arbeitet.

Gemeinsam mit Lehrgebietsinhaberin Prof. Dr. Felicitas Schmieder und der Lehrbeauftragten Gerda Brunnlechner sowie dem Zentrum für Medien und IT ist es gelungen, für das Projekt ein „Fellowship Innovationen in der digitalen Hochschullehre“ zu bekommen. Gemeinsam fördern das Land NRW und der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft Konzepte für die digitale Hochschullehre.

Spezifika herausstellen

Das Projekt möchte Studierende befähigen, selbstständig auf einem virtuellen Arbeitstisch digitalisierte, historische Karten zusammenzustellen, indem sie sie übereinanderlegen, Informationen ein- und ausblenden, Symbole und Schriften extrahieren und zusammenführen. „Historische Karten weisen bestimmte Merkmale auf, wie etwa Größen und Relationen, Schriftbilder und Farben. Durch digitale Methoden können diese Spezifika deutlicher sichtbar gemacht werden. Indem sich Studierende damit aktiv auseinandersetzen, gewinnen sie zusätzliche Erkenntnisse“, beschreibt Gerda Brunnlechner, die selbst über spätmittelalterliche Karten promoviert.

Das Projekt führt in eine neue Ebene des Lernens an der FernUni ein.

Gerda Brunnlechner, Lehrbeauftragte

Studierende lernen dadurch auch, sich kritisch auszutauschen, eigene Schlussfolgerungen zu ziehen und so wiederum neue Fragestellungen zu entwickeln. Forschendes Lernen also, das Studierenden idealerweise erstes wissenschaftliches Forschen ermöglicht. Auf jeden Fall bedeutet das Projekt, „eine Einführung in eine neue Ebene des Lernens an der FernUni“, sagt Brunnlechner.

Ausblick

In der Woche der Geschichte 2019 wird das Projektteam sein digitales Projekt vorstellen. „Langfristig ist es denkbar, ein solches Tool dauerhaft in die Lehre am Historischen Institut einzubinden und anderen Fachbereichen zur Verfügung zu stellen“, stellt Breittruck in Aussicht. Die technischen Vorarbeiten hat das ZMI dazu geleistet.

Während der Förderphase profitieren die FernUni-Historikerinnen auch vom wissenschaftlichen Begleitprogramm des Fellowship – das heißt, derMöglichkeit zum Netzwerken, zum Austausch mit anderen Lehrenden auf Konferenzen – auch über digitale Plattformen.

Anja Wetter | 13.05.2019