Hilfestellungen für nachhaltiges Verhalten

Nachhaltigkeit sehen viele positiv, handeln aber nicht so. Zu Gründen und Hilfen hält der Psychologe Prof. Robert Gaschler (FernUniversität) einen Vortrag. Hierzu ein Interview.


In Kästen sortierte Flaschen und Dosen Foto: Jacobs Stock, Photography Ltd / DigitalVision / Getty Images

Wie die Psychologie helfen kann, Umweltschutz nicht nur gut zu finden, sondern sich auch tatsächlich nachhaltig zu verhalten, erläutert Prof. Dr. Robert Gaschler am Donnerstag, 6. Juni, in der FernUniversität in Hagen. Gaschler ist Leiter des Lehrgebiets Allgemeine Psychologie: Lernen, Motivation, Emotion. Alle Interessierten sind zu seinem öffentlichen Vortrag „Entscheidungen, Gewohnheiten und Gelegenheiten sie zu ändern – Lernen und Motivation als Faktoren“ willkommen.

Herr Prof. Gaschler: Warum verhält man sich – aller Einsicht zum Trotz – oft nicht nachhaltig?

Robert Gaschler: In Deutschland halten ja praktisch alle Umweltschutz und Nachhaltigkeit grundsätzlich für eine feine Sache und sind prinzipiell motiviert, sich entsprechend zu verhalten. Gerade Umweltschutzthemen sind jedoch „harte Nüsse“, wenn es darum geht, etwas zu realisieren, was man für richtig hält.

Einerseits sind wir in den Industrieländern von den Umweltveränderungen selbst ja oft nicht direkt betroffen, die wir mitverursachen, etwa durch unsere Treibhausgas-Emissionen. Andererseits spüren wir unsere individuellen Beiträge zu mehr Umweltschutz und Nachhaltigkeit nicht unmittelbar: Ich sehe nicht, dass ich durch Bahnfahren statt Kurzstreckenflüge das Erreichen des Zwei-Grad-Klimaziels beeinflussen kann...

Ein Mann blickt in Richtung Kamera. Foto: Hardy Welsch
Prof. Robert Gaschler

Wo liegen die Probleme?

Es gibt zwei unterschiedliche „Baustellen“: Die eine Frage ist, ob jemand sich überhaupt ein konkretes Ziel setzen will, etwa für den Arbeitsweg ein anderes Verkehrsmittel zu nutzen. Die andere Frage ist, ob man ein selbstgestecktes Ziel umsetzt.

Was kann helfen, um sich überhaupt ein Ziel zu setzen, obwohl der eigene Beitrag zur großen Herausforderung doch klein ist?

Eine Möglichkeit ist, den Blickwinkel zu ändern. Als einzelne Person nehme ich mir vermutlich gar nicht erst vor, ernsthaft etwas für z.B. Klimaschutz zu tun. Als Teil von Gruppen aber schon, weil ich dann eher sehen kann, dass wirklich etwas zu erreichen ist – etwa, indem eine Gruppe von Berufstätigen, die zu einer Konferenz fahren, die Bahn statt des Flugzeugs nimmt. Wenn Menschen einsehen, „dass sie gemeinsam etwas erreichen können“, ist die Chance, sich tatsächlich ein Nachhaltigkeitsziel zu setzen, viel größer, als wenn man nur sich alleine sieht und bezweifelt, „dass ich etwas reißen“ kann.

Entsteht so auch ein Gruppendruck?

Wenn die Kolleginnen und Kollegen mit dem Zug fahren, statt zu fliegen, ist eine Norm da. Man nimmt dann an, dass die meisten mitmachen werden. Dann sieht man leichter ein, dass man sich dieses Ziel auch selbst setzen sollte: „Ich bin nicht alleine, meine Gruppe macht das auch.“ Wir sind ja Mitglieder vieler Gruppen, in Vereinen, im Beruf, in Gemeinden. In ihnen werden Ziele geteilt und es wird erwartet, dass man mitmacht.

Man kann sich also selbst motivieren, sich ein Ziel zu setzen. Menschen machen oft etwas, zu dem sie eigentlich keine Lust haben, von dem sie aber glauben, dass das von ihnen erwartet wird. Die Vorgartenpflege bereitet sicher nicht allen Hausbesitzerinnen und Hausbesitzern Spaß, aber sie machen es doch, „weil das eben dazu gehört“.

Und was ist, wenn das Ziel gesetzt ist, aber nicht erreicht wird?

Sehr hilfreich ist zum Beispiel, ganz konkrete Absichten zu fassen und sich zum Beispiel genau zu überlegen, „wann und bei welcher Gelegenheit mache ich etwas – und wie?“ Eine konkrete Absicht steigert die Chance ganz beträchtlich, sich an das Ziel zu erinnern und es wirklich umzusetzen. Das kann stärker wirken als manche finanziellen Anreize. Die Rezepte aus der Psychologie sind wirksam und kostengünstig.

Gerd Dapprich | 03.06.2019