Neue Juniorprofessorin für Medizinethik an der FernUniversität

Die Philosophin und Medizinerin Orsolya Friedrich verbindet beide Wissenschaften, um sich mit normativen Fragen zu befassen, die sich aus der Technisierung der Medizin ergeben.


Zwei Frauen stehen nebeneinander, eine hält ein Dokument in den Händen. Foto: FernUniversität
Die neue Junioprofessorin Orsolya Friedrich (re.) wurde von Rektorin Prof. Ada Pellert an der FernUniversität herzlich begrüßt.

Orsolya Friedrich, promovierte Philosophin und promovierte Medizinerin, ist neue Juniorprofessorin für Medizinethik im Institut für Philosophie der FernUniversität in Hagen. Die Bandbreite ihrer Forschungen reicht von der Medizinethik über die klassische philosophische Ethik, die Philosophie des Geistes sowie Fragen der Handlungstheorie bis zu Sozialphilosophie.

Schwerpunkt von Jun.-Prof. Dr. Dr. Orsolya Friedrich ist die Philosophie der Medizin, insbesondere der Neurowissenschaften, der Psychiatrie und der Psychotherapie. Die philosophische Reflexion der medizintechnologischen Entwicklungen gehört ebenfalls zu Friedrichs Forschungsgebieten, vor allem die der Neurotechnologien.

Gehirnaktivitäten steuern Maschinen

Ein besonders wichtiges Thema für Friedrich sind Brain-Computer-Interfaces (BCIs), zu dem sie in den letzten Jahren ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördertes Verbundprojekt „Interfaces“ leitete (www.bci-ethics.de). Solche Mensch-Maschine-Schnittstellen ermöglichen eine direkte Verbindung zwischen Gehirnaktivität und Computer. Dabei werden vor allem mit nicht-invasiven Maßnahmen wie der Elektroenzephalografie (EEG) Gehirnaktivitäten gemessen und in Signale übersetzt. Mit diesen kann z.B. ein Cursor auf einem Monitor bewegt oder ein Roboterarm gesteuert werden: „Man steuert die Maschine in den aktiven und reaktiven BCI-Anwendungen durch bewusst erzeugte Gehirnaktivitäten, aber noch nicht durch das Auslesen von Gedanken, wie viele fürchten.“

Selbst, wenn die Sorge vor einem „Mindreading“ noch nicht berechtigt erscheint, ergeben sich bei der Nutzung von BCIs viele philosophische, ethische, soziale und rechtliche Fragen: „Können wir bei den Veränderungen der Welt, die wir mit diesen Schnittstellen ohne jegliche Körperbewegung erzeugen, überhaupt von ‚Handlungen‘ im „klassischen“ Sinne sprechen? Wie verändert sich das subjektive Handlungsempfinden und welche normative Bedeutung hätten solche Veränderungen? Ändert sich die Verantwortung und deren Zuschreibung für Schäden, die man mit BCI-Nutzung anrichtet?“

Kooperation von Mensch und Maschine

Bei ihren zukünftigen Forschungen im Rahmen einer Emmy-Noether Forschungsgruppe (DFG) zum Phänomen der Interaktion im Zusammenwirken von Mensch und Maschine geht es um eine philosophische Reflexion exemplarisch betrachteter Technologien. Dabei handelt es sich zum Beispiel um Neurotechnologien, um Interaktionen mit „sozialen Robotern“ – etwa in Pflege oder Kinderbetreuung – sowie um Selbstvermessungstechnologien und um Künstliche Intelligenz. Orsolya Friedrich: „Die neuen Qualitäten der Interaktionen lösen ganz viele Fragen zu unserem Selbstverständnis als Mensch und für uns als Gesellschaft aus. Was bedeutet es für einzelne Individuen und für die Gesellschaft, wenn wir die Entwicklung dieser Technologien immer mehr fördern und verstärkt Umgang damit haben?“

Weiterbildung und grundständige Lehre

In der Lehre wird sie zum einen das Weiterbildungsangebot für Medizinethik weiterbetreuen und neue Lehrangebote entwickeln. In der grundständigen Lehre will sie klassische Autorinnen und Autoren und Themengebiete der Philosophie ebenso unterrichten wie Gebiete, die mit ihrer Forschung zusammenhängen.

„Die Nutzung der Fernstudienmethoden finde ich ebenso interessant wie die besonderen Studierenden. Gerade in der Medizinethik profitiert die Lehre wahrscheinlich ganz stark von ihrem Wissen.“

Jun.-Prof. Orsolya Friedrich

Beworben hat sich Orsolya Friedrich an der FernUniversität zum einen wegen der ansonsten außergewöhnlichen Anbindung der Medizinethik an die Philosophie, aber auch, weil sie sie als Lehrinstitution spannend findet: „Die Nutzung der Fernstudienmethoden finde ich ebenso interessant wie die besonderen Studierenden – reife Menschen mit Lebenserfahrung, mit denen philosophische Diskussionen sicher sehr interessant sind. Gerade in der Medizinethik profitiert die Lehre wahrscheinlich ganz stark von ihrem Wissen.“

„Zweigleisig gefahren“

An Philosophie war die gebürtige Budapesterin schon immer interessiert. Nach dem Schulende konnte sie sich jedoch nicht ganz festlegen und „fuhr dann zweigleisig“. Doch irgendwann musste sie sich entscheiden zwischen klinischer Medizin und Philosophie. Sie entschied sich für die Philosophie, ohne von der Medizin zu lassen: „Die Verbindung hat sich irgendwann wie von selbst ergeben.“

Gerd Dapprich | 12.06.2019