Mit Datenbank statt „dickem Wälzer“ Krankheiten schneller diagnostizieren

Das Lehrgebiet Kommunikationssysteme der FernUniversität entwickelt ein System, das im Web automatisch relevante Informationen findet. Dabei helfen Fachleute aus Fernost.


Ein Gruppe von zwölf Personen steht vor Bäumen mit gelbem Laub auf dem Campus. Die Menschen aus Mitteleuropa und Asien blicken in Richtung Kamera. Foto: FernUniversität
Gastwissenschaftlerinnen und Gastwissenschaftler verstärken zurzeit das Team des Lehrgebiets Kommunikationssysteme von Prof. Herwig Unger (5.v.re.).

Ein „Luxusproblem“ hat das Lehrgebiet Kommunikationssysteme der FernUniversität in Hagen zurzeit: Sieben Gastwissenschaftlerinnen und Gastwissenschaftler aus Thailand und der Volksrepublik China verstärken das Team von Prof. Dr. Herwig Unger: „Ich weiß nicht mehr, wo ich sie noch hinsetzen soll.“ Unger ist – bereits zum dritten Mal in Folge – im laufenden Wintersemester vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) in dessen Hochschulberaterprogramm (Projekt Kz 305538) aufgenommen worden, daher fördert der DAAD drei der Gastaufenthalte. Das DAAD-Programm engagiert deutsche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Wissenschaftsmanagerinnen und Wissenschaftsmanager als Beraterinnen und Berater, um Hochschulen in Entwicklungs- und Schwellenländern bei Optimierungen zu unterstützen.

Natürlichsprachlichen Informationen auswerten

Prof. Unger kooperiert mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern bei der Entwicklung eines Beratungssystems für Medizinerinnen und Mediziner. Es soll automatisch die in einer Vielzahl von Quellen (von Lehrbüchern bis Patientenakten) vorliegenden natürlichsprachlichen Informationen über Krankheiten und deren Symptome finden, auswerten, klassifizieren und in einer verteilten Datenbank zusammenführen.

Ein Mann sitzt am Schreibtisch vor seinem PC-Monitor und schaut in Richtung Kamera. Foto: FernUniversität
Prof. Herwig Unger ist zum dritten Mal in Folge vom Deutschen Akademischen Austauschdienst in dessen Hochschulberaterprogramm aufgenommen worden.

Diese soll Ärztinnen und Ärzten zeitaufwändige Recherchen – womöglich noch in gedruckten medizinischen „Wälzern“ – ersparen. „Verschiedene Krankheiten haben oft ähnliche Symptome, bei Influenza, Bronchitis und Masern z.B. Husten, und nicht nur bei Herzproblemen tritt Atemnot auf“, erläutert Herwig Unger. „Anhand von Symptomen können erfahrene Ärztinnen und Ärzte schnell erkennen, um welche Krankheit es sich handelt. Bei selteneren Krankheiten ist das schon schwieriger, besonders für jüngere Medizinerinnen und Mediziner.“

Das Lehrgebiet Kommunikationssysteme kann bei seiner Arbeit auf die vollautomatische formale Kategorisierungsmethode „Text Representing Centroids“ (Bedeutungsschwerpunkte) zurückgreifen, die es 2015 entwickelt hat. Sie wird bereits bei seiner 2018 vorgestellten Suchmaschine „WebEngine“ erfolgreich eingesetzt: Mithilfe der Zentroiden können lange oder kurze Texte, aber auch Suchanfragen in Hunderttausende Kategorien eingeteilt werden. So wird der zu durchsuchende Raum deutlich eingegrenzt.

In Deutschland solche Leute zu finden ist außerordentlich schwierig.

Prof. Herwig Unger

Dabei hilft den Forschenden der Trend zur Digitalisierung von Fachliteratur. Wegen der großen natürlichsprachlichen Datenmengen im Web werden Rechnerverbünde (Cluster Computer) eingesetzt. Sie bilden das Abspulen großer Datenmengen und das Lernen im Gehirn nach.

Bei den Arbeiten sind alle Gäste wertvolle Hilfen: „Selbst das Engagement und das Wissen der Studierenden ist erstaunlich“, lobt Unger. „In Deutschland solche Leute zu finden ist außerordentlich schwierig.“

Die jeweils dreiwöchigen Aufenthalte von drei thailändischen Fachleuten für die Verarbeitung natürlicher Sprache der King Mongkut’s University of Technology North Bangkok (KMUTNB) werden vom DAAD finanziert. Anirat Minghkwan ist Associate Professor und Dekan der Fakultät für Industrial Technology und Management, Phayung Meesad Associate Professor und Dekan der Fakultät für Information Technology, an der auch Maleerat Sodanil als Assistant Professor arbeitet.

Von ihren eigenen Hochschulen finanziert werden die dreiwöchigen Aufenthalte von Beesuda Doanrung, Assistent Professor an der Fakultät für Industrial Technology und Management der KMUTNB, und Chalermpol Tapsai, Lekturer an der Suan Sunandha Rajabhat University in Bangkok. Tapsai ist gleichzeitig binationaler Phd-Student an der Fakultät Information Technology der KMUTNB und an der FernUniversität.

Ein „Schlüssellabor“ für Cloud Computing und intelligente Technologien unterhält die Southwest Jiaotong Universität Chengdu, China. Von dort ist Yanyong Huang für sechs Monate gekommen. Er ist binatonaler Doktorand seiner Heimatuniversität und der FernUniversität, die ihm ein Abschlussstipendium gewährt hat. Begleitet wird er von Minbo Ma, Praktikant und Master of Science-Student.

Gerd Dapprich | 24.10.2019