Akademische Jahresfeier: FernUniversität baut auf Vertrauen in die Wissenschaft

Bei ihrem Dies Academicus stellte die FernUniversität in Hagen das Verhältnis von Wissenschaft und Öffentlichkeit in den Fokus. Außerdem ehrte sie herausragende Studierende.


Klimawandel, globale Migrationsbewegungen, Digitalisierung, Handelskriege, Rechtspopulismus – wir leben in aufregenden Zeiten. Viele Menschen suchen nach Orientierung und erwarten diese auch von der Wissenschaft, andere zweifeln den Wert wissenschaftlicher Erkenntnisse an. Grund genug für die FernUniversität, sich beim Dies Academicus mit der Frage zu beschäftigen, wie es um das Vertrauen in die Wissenschaft bestellt ist.

„Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben keine privilegierte Position, von der aus sie die ,Wahrheit‘ verkünden“, stellte die Rektorin der FernUniversität, Prof. Dr. Ada Pellert, fest. „Vor allem in den sozialen Medien stehen sie heute zunehmend im Wettbewerb und in der Auseinandersetzung.“ Einerseits werde die Wissenschaft immer häufiger in gesellschaftliche oder politische Prozesse mit einbezogen, weil man sich von ihr Erklärungen erhoffe. Andererseits sehe sich die Wissenschaft auch Ressentiments ausgesetzt und gelte manchen als interessegeleitetes Herrschaftsinstrument von Eliten. „In dieser Situation müssen wir darum kämpfen, dass die Gesellschaft Vertrauen in Wissenschaft hat, denn das ist nicht selbstverständlich.“

Botschafterinnen und Botschafter für Vertrauen

Einen aktuellen Befund zum Verhältnis von Wissenschaft und Öffentlichkeit lieferte der Kommunikationswissenschaftler Prof. Dr. Bernd Blöbaum von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. In seinem Festvortrag stellte er fest, dass die Öffnung der Wissenschaft für die Öffentlichkeit ein relativ junges Phänomen sei. Statt im sprichwörtlichen Elfenbeinturm nur mit ihresgleichen zu kommunizieren, hätten sich viele Forscherinnen und Forscher auf den Marktplatz der Öffentlichkeit und Medienpräsenz begeben. „Wissenschaftliches Wissen findet außerhalb der Wissenschaft ein dankbares Publikum“, so Blöbaum.

Befragungen zeigten, dass die Wissenschaft in der Gesellschaft nach wie vor ein hohes Vertrauen genieße, auch wenn sie sich – nicht zuletzt aufgrund prominenter Plagiatsfälle oder Skandale im Wissenschaftssystem – Legitimationsdruck ausgesetzt sehe. Zurecht, wie Blöbaum meint, und dies sei auch kein Grund zur Sorge: „In einer aufgeklärten, liberalen, demokratischen Gesellschaft ist Misstrauen nichts, was man generell verurteilen müsste.“ Mit der zunehmenden öffentlichen Aufmerksamkeit wüchsen auch die potenziellen Reibungsflächen. Umso wichtiger sei es, die Kommunikation mit der Öffentlichkeit zu intensivieren: „Die Öffnung der Wissenschaft ist auch eine Chance daran zu arbeiten, Vertrauen aufrecht zu erhalten und bei denjenigen, die skeptisch eingestellt sind, Vertrauen wieder zu entwickeln.“

An die anwesenden Absolventinnen und Absolventen gewandt, appellierte Blöbaum, sich als Botschafterinnen und Botschafter für die Wissenschaft einzusetzen: „Verteidigen Sie Wissenschaft gegenüber ihren Zweiflern und zwar ohne dabei die Skepsis, die jeder wissenschaftlichen Arbeit zugrunde liegt, zu vernachlässigen. Wenn Sie dies tun, tragen Sie maßgeblich dazu bei, Vertrauen in Wissenschaft zu schaffen.“

Die Öffentlichkeit an der Entwicklung der Wissenschaft teilhaben zu lassen – dieser Aufforderung kam Rektorin Ada Pellert bei ihrem Jahresrückblick nach. Sie beleuchtete aktuelle Forschungsthemen, stellte Neuerungen in Lehre, Studium und Weiterbildung vor und ging auf organisatorische und personelle Veränderungen an der FernUniversität ein.

Auszeichnungen

Besonders herausragende Botschafterinnen und Botschafter der Wissenschaft zeichnete die FernUniversität beim Dies Academicus mit einer Reihe von Preisen aus: Gemeinsam mit dem Prorektor für Studium und Diversität Prof. Sebastian Kubis verlieh die Rektorin den Lehrpreis an zwei Professoren und zwei ihrer Wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen, deren Lehrveranstaltungen von den Studierenden im vergangenen Semester am besten bewertet wurden.

Wie auch den Lehrpreis förderte die Gesellschaft der Freunde der FernUniversität Preise für hervorragende Bachelor- und Masterarbeiten. Sie wurden vom Vorsitzenden der Freundesgesellschaft Frank Walter und der Rektorin überreicht. Den Preis für die besten Promotionsarbeiten stiftete in diesem Jahr erstmals die Familie des im Jahr 2017 verstorbenen, langjährigen Förderers der FernUni Bernd Pederzani. Zum zweiten Mal zeichnete Erik Höhne, der Vorstandsvorsitzende der Enervie Südwestfalen Energie und Wasser AG, eine herausragende Abschlussarbeit zu energiewirtschaftlichen Fragestellungen mit dem Enervie Preis aus. Außerdem verlieh die FernUniversität den DAAD-Preis für die hervorragende Leistung einer ausländischen Studentin.

  • Die Preise für die hervorragenden Examensarbeiten stiftete die Gesellschaft der Freunde der FernUniversität. Der Vorstandsvorsitzende Frank Walter überreichte sie an:

    • Erhard Bauer (Wien), Masterarbeit: „Goethes erzählte Ästhetik. Unterhaltungen deutscher Ausgewanderter als poetologischer Text an der Schwelle zur Moderne“, Prof. Dr. Uwe Steiner (Fakultät für Kultur- und Sozialwissenschaften)
    • Sarah David (Aachen), Bachelorarbeit: „Mit Auge und Hand. Zur Bestimmung der bildnerischen Tätigkeit in Konrad Fiedlers Kunsttheorie“, apl. Prof. Dr. Bernadette Collenberg-Plotnikov (Fakultät für Kultur- und Sozialwissenschaften)
    • Karsten Doehring (Willich), Bachelorarbeit: „Die Minderjährigenhaftungsbeschränkung im Spiegel des Gesellschaftsrechts“, Prof. Dr. Barbara Völzmann-Stickelbrock (Rechtswissenschaftliche Fakultät)
    • Angelika Dreiling (Ratingen), Masterarbeit: „Ängstlicher Bindungsstil und Beziehungszufriedenheit des Partners: Die mediierende Rolle eines destruktiven Konfliktverhaltens“, Prof. Dr. Ingrid Josephs, Dipl.-Psych. Elena Thanou (Fakultät für Psychologie)
    • Dr. Katja Leib (Aachen), Masterarbeit: „Der Einsatz quantitativer Methoden zur Bewertung exzellenter Forschung im internationalen Vergleich“, Prof. Dr. Ewald Scherm (Fakultät für Wirtschaftswissenschaft)
    • Björn Lommer (Karlsruhe), Bachelorarbeit: „Regulierung im Luftverkehrssektor – eine ökonomische Analyse“, Prof. Dr. Bianca Rundshagen (Fakultät für Wirtschaftswissenschaft)
    • Konrad Ohms (Böblingen), Masterarbeit: „Function-as-a-Service: An analysis of Apache OpenWhisk an evaluation of improvement potentials with focus on code invocation performance", Prof. Dr. Jörg Desel (Fakultät für Mathematik und Informatik)
    • Stefan Reymer (Köln), Masterarbeit: „Der Steuerberater als Rechtsdienstleister", Prof. Dr. Andreas Haratsch (Rechtswissenschaftliche Fakultät)
    • Vera Romberg-Forkert (Lippstadt), Bachelorarbeit: „Replikationsstudie: Vorhersage kognitiver Verzerrungen in Stichproben mit hohem Bildungsniveau", Dr. Susann Fiedler / Dr. Marc Jekel (Fakultät für Psychologie)
    • Silke Schäfer (Kirn), Bachelorarbeit: „Klassifikation von klassischer Musik mit Hilfe von neuronalen Netzen", Prof. Dr. André Schulz (Fakultät für Mathematik und Informatik)
  • Den Preis für die besten Promotionsarbeiten stiftete in diesem Jahr erstmals die Familie des im Jahr 2017 verstorbenen, langjährigen Förderers der FernUni Bernd Pederzani:

    • Dr. Marie-Sophie Heinelt (Mainz): „Minderheitenrechte, Zugang zu Entscheidern und strategischer Ressourceneinsatz: Voraussetzungen indigener Interessenvermittlung in multi-ethnischen Staaten Lateinamerikas“, Prof. Dr. Michael Stoiber (Fakultät für Kultur- und Sozialwissenschaften)
    • Dr. Marco Xaver Bornschlegl (Heidelberg): „Advanced Visual Interfaces Supporting Distributed Cloud-Based Big Data Analysis“, Prof. Dr. Matthias Hemmje (Fakultät für Mathematik und Informatik)
    • Dr. Andrej Dietrich (Freiberg): „Regularisierungsmethoden in der angewandten Psychometrik“, Prof. Dr. Oliver Christ (Fakultät für Psychologie)
    • Dr. Linda Glawe (Gelsenkirchen): „Growth Slowdowns in Emerging Market Economies - The Concept of the Middle-Income Trap with a Special Focus on the Chinese Economy“, Prof. Dr. Helmut Wagner (Fakultät für Wirtschaftswissenschaft)
    • Dr. Nadja Richter (Konstanz), „Der Gleichbehandllungsanspruch befristet beschäftigter Arbeitnehmer aus §4 Abs. 2 TzBfG“, Prof. Dr. Kerstin Tillmanns (Rechtswissenschaftliche Fakultät)
Stephan Düppe | 11.11.2019