Kolonialismus in Hagen auf dem Stadtplan

An der FernUniversität in Hagen haben Studierende und Lehrende Kolonialgeschichte lokal aufgearbeitet. Auf einem Stadtplan markieren 21 Orte ihre noch sichtbaren Spuren.


Ausschnitt aus einem Stadtplan Foto: FernUniversität
Die kolonialen Orte im Stadtgebiet sind auf dem Plan markiert und werden in kurzen Texten erläutert.

Es gab eine Zeit, in der Hagen eng mit der Welt verbunden war: während der Hochzeit des Kolonialismus zwischen der Mitte des 19. bis weit in das 20. Jahrhundert hinein. Seine Spuren sind teilweise bis heute in der Stadt sichtbar. Das Lehrgebiet Geschichte Europas in der Welt der FernUniversität in Hagen hat in einem Forschungsprojekt gemeinsam mit Studierenden regionale Kolonialgeschichte(n) aufgearbeitet. Nach einer umfangreichen Broschüre „Koloniale Vergangenheiten der Stadt Hagen“ erscheint nun ein Stadtplan, der einen ungewohnten Blick auf die Industriestadt an der Volme wirft.

Insgesamt 21 „koloniale Orte“ mit kurzen Erklärungstexten verzeichnet der Faltstadtplan: Darunter sind bekannte Orte wie das Osthaus-Museum, aber auch sehr versteckte wie ein „koloniales“ Buntglasfenster in einem leerstehenden Verwaltungsgebäude der Firma Hussel an der Eilper Straße: das Kaffeepflückerinnen-Fenster. Der Kunstmäzen Karl Ernst Osthaus ließ sich Holzskulpturen aus der damaligen Kolonie Deutsch-Neuguinea schicken. Dort verrichtete der Hagener Franz Wiesner Dienst als Polizeimeister.

Im Stadtplan tauchen Verweise auf kolonial-militaristische Straßennamen ebenso auf wie welche auf das Geburtshaus von Burkhart Waldecker und Helmut Erlinghagen. Der Hagener Ethnologe Waldecker entdeckte 1937 den südlichsten Zufluss des Nils im heutigen Burundi. In Haspe lebte Helmut Erlinghagen, ein Augenzeuge des ersten Atombombenabwurfs.

Gruppe von fünfzehn Personen Foto: FernUniversität
Sie haben zum Projekt Hagen postkolonial beigetragen: allen voran Studierende und Lehrende sowie diejenigen, die mit Engagement und Geld geholfen haben.

Alle Orte auf dem Stadtplan zeigen beispielhaft für die Zeit zwischen 1830 und 1960 auf, dass die Begegnung mit dem Kolonialismus auch von Hagenerinnen und Hagenern mitgetragen wurde. „Sie hatte viele Gesichter, von aufrichtiger Neugier über das koloniale Machtgefälle hin zu blanker Gewalt und Rassismus. In jedem Fall fügt die Kolonialgeschichte der Stadtgeschichte kleine, neue Facetten hinzu“, so Dr. Fabian Fechner, der den Stadtplan gemeinsam mit Barbara Schneider herausgibt. Beide arbeiten im Lehrgebiet Geschichte Europas in der Welt.

Anschlussprojekte

Nach Stadtplan und Buch-Publikation haben die Historikerin und der Historiker schon die nächsten Anschlussprojekte geplant: Sie haben bereits Kontakt zu Hagener Schulen für Kooperationen zum Thema Kolonialgeschichte; Vorträge und Stadtführungen im kommenden Jahr stehen fest. Ausreichend Material hätten sie auch für eine Ausstellung.

Der Stadtplan ist erhältlich in der „HAGENinfo” an der Körner Straße 25 in Hagen. Erstellung und Finanzierung des Drucks erfolgte gemeinschaftlich durch die Hagenagentur, die Hausdruckerei, das Amt für Geoinformation und Liegenschaftskataster der Stadt und die FernUniversität im Rahmen des Bauhaus-Verbundes „Hagener Impulse“. Studierende und Lehrende der FernUniversität können den Plan auch bei Fabian Fechner oder Karin Gockel im Historischen Institut erhalten.

Anja Wetter | 12.12.2019