Queer wider die Eindeutigkeit

Ab diesem Wintersemester gibt es eine Gastprofessur für Gender und Queer Studies an der FernUniversität. Gastprofessorin Antke Engel wird die Position innehaben.


Auf dem Bild ist das Team der Koordination Gleichstellung, die zentrale Gleichstellungsbeauftragte, Prof. Katharina Walgenbach und Gastprofessorin Antke Engel zu sehen. Foto: FernUniversität
Von links nach rechts: Dr. Meike Hilgemann, Simone Möller (beide Team Koordination Gleichstellung), Antke Engel (Mitte), Prof. Katharina Walgenbach, Kirsten Pinkvoss (zentrale Gleichstellungsbeauftragte) und Sarah Oberkrome (Team Koordination Gleichstellung) freuen sich über die Gastprofessur für Gender und Queer Studies.

Von Oktober 2019 bis September 2020 wird Antke Engel als Gastprofessorin an der Fakultät für Kultur- und Sozialwissenschaften im Lehrgebiet Bildung und Differenz im Team von Professorin Katharina Walgenbach tätig sein. Die Philosophin und freie Wissenschaftlerin leitet das bundesweit einzige Institut für Queer Theory in Berlin. Inhaltlich soll die Gastprofessur die Differenzdimensionen Geschlecht und Sexualität vertiefend behandeln. Zudem möchte Engel Lehrvideos für Studierende produzieren, die in das Thema Queer Studies einführen. „Mein Wunsch ist es, hierbei auch experimentelle Formate zu erproben, die Form und Inhalt gezielt miteinander verknüpfen. Denn bei Gender und Queer Studies geht es darum, Identität und Differenz so darzustellen, dass Stereotypen, Hierarchien und symbolische Gewalt vermieden wird“, erzählt Engel. Zudem unterstützt Antke Engel zukünftig die Betreuung von Abschlussarbeiten.

„Queer durchkreuzt die Eindeutigkeit, um Differenz ohne Hierarchien zu fördern“

Engel beruft sich bei der Erläuterung der Queer Studies auf die Theoretikerin Anne-Marie Jagose. Diese sagt, das queer sei, was sich weigert, eine feste Form anzunehmen. Dadurch wird Kritik an stabilen und starren Identitäten geübt, da diese mit Grenzziehungen, Ausschlüssen und Hierarchiebildungen einhergehen. Die Philosophin erklärt weiter: „Es ist ein Missverständnis, wenn queer als praktischer Sammelbegriff für unter anderem lesbisch, schwul, bi-, poly-, a-sexuell, trans- und intergeschlechtlich etc. verstanden wird.“ Nicht Identitäts- oder Minderheiten-Studien, sondern Macht- und Herrschaftskritik kennzeichnen die Queer Theorie. Sie befasst sich mit der Vorstellung gesellschaftlicher Normalität und der Frage, welche Rolle Geschlecht und Sexualität darin spielen und fragt zum Beispiel: Trägt die Art und Weise, wie wir über Sexualität denken, dazu bei gesellschaftliche Macht-, Ungleichheits- und Gewaltverhältnisse aufrecht zu erhalten?

Engagement in der Gleichstellungspolitik

Antke Engel möchte sich zudem in die Gleichstellungspolitik der Hochschule einbringen. Hier stellt eine konkrete Herausforderung die Einführung von „divers“ als dritter Option des Geschlechtseintrags dar, die seit Anfang des Jahres gesetzlich verbrieft ist. Hierbei stellt die Wissenschaftlerin die Frage: „Wie kann Gleichstellung, die gesetzlich bislang als Gleichstellung von Männern und Frauen formuliert ist, so angepasst werden, dass sie geschlechtliche Vielfalt unterstützt?“. Engel hat hier das Ziel entsprechende Debatten zu eröffnen, in Form einer Fachtagung oder auch in öffentlichen Stellungnahmen.

Am 30. Oktober gibt es für alle Interessierten die Möglichkeit sich mit Gastprofessorin Antke Engel und Professorin Katharina Walgenbach beim „Queeren Salon“ auszutauschen. Bei einem kleinen Imbiss können sich die Teilnehmenden kennenlernen, über Forschungsprojekte und ihre Verständnisse von queerer Theorie und Politik reden. Die Veranstaltung findet von 16 bis 18 Uhr in der Ellipse statt.

Gastprofessorin Antke Engel Foto: FernUniversität
Gastprofessorin Dr. Antke Engel

Antke Engel

Gastprofessorin Antke Engel ist Philosoph mit Schwerpunkten in Gender und Queer Studies sowie poststrukturalistischer politischer Theorie und visueller Kultur. Als freie Wissenschaftlerin tätig leitet Engel seit 2006 das bundesweit einzige Institut für Queer Theory in Berlin. Engel hat an der Universität Potsdam in Philosophie mit einer Arbeit zu Sexualität und Geschlecht im Fokus queerer Politik der Repräsentation promoviert. Gastprofessuren an den Universitäten Hamburg und Wien, der Alice Salomon Hochschule in Berlin und der TU Darmstadt, und Research Fellowships am Institute for Cultural Inquiry (ICI) Berlin, dem Department für Gender Studies der London School of Economics sowie an der University of Sussex sind weitere wichtige Stationen.

Annemarie Gonsiorczyk | 28.10.2019