Prof. Ottmar Loos verstorben

Schon vor der Verleihung der Honorarprofessur durch die Fakultät für Mathematik und Informatik der FernUniversität erwarb Ottmar Loos durch bahnbrechende Leistungen hohes Ansehen.


Die FernUniversität in Hagen trauert um Prof. Dr. Ottmar Loos. Der Honorarprofessor der Fakultät für Mathematik und Informatik ist am 17. Mai 2020 nach schwerer Krankheit verstorben.

Schon lange, bevor die Fakultät für Mathematik und Informatik nach der Verleihung der Honorarprofessur im Jahre 2008 seine neue akademische Heimat geworden war, hatte es Ottmar Loos durch bahnbrechende wissenschaftliche Leistungen zu hohem Ansehen gebracht. Geboren am 22. November 1939 in Kempten (Allgäu) durchlief er die Stationen Universität München, University of Minnesota (USA), Universität Münster und University of British Columbia (Kanada), ehe er 1978 dem Ruf an der Universität Innsbruck folgte, wo er 2003 in den Ruhestand trat.

Foto: Bärbel Petersson
Über ihre wissenschaftlichen Interessen hinaus verband auch jahrzehntelang eine Freundschaft Prof. Ottmar Loos und Prof. Holger Petersson.

Die Beziehungen von Ottmar Loos zur Mathematik der FernUniversität gehen zurück auf das Jahr 1978, als Holger P. Petersson zum Leiter des damaligen Lehrgebiets Algebra-Geometrie (heute: Diskrete Mathematik und Optimierung) berufen wurde. Loos und Petersson verbanden nicht nur eine lange persönliche Freundschaft, die auf gemeinsame Studienjahre an der Universität München zurückging, sondern auch gleichartige mathematische Interessen, die von ihrem gemeinsamen Doktorvater Max Koecher inspiriert worden waren.

Zu Beginn des Jahrtausends reifte in Loos der Wunsch nach einer formalen Anbindung an die FernUniversität. Mit Beschluss des Fakultätsrates vom 25. August 2008 wurde eine entsprechende Anregung des damaligen Dekans Prof. Dr. Rutger Verbeek in die Tat umgesetzt und Ottmar Loos zum Honorarprofessor ernannt.

Das wissenschaftliche Profil von Ottmar Loos wird zu einem wesentlichen Teil durch seine Beiträge zur Theorie der Jordan-Strukturen bestimmt. Jordan-Strukturen gehören zu einer großen Klasse für die moderne Algebra charakteristischer Zahlensysteme, in denen man addieren, subtrahieren und multiplizieren, aber nur in Ausnahmefällen dividieren kann. Die Multiplikation der Jordan-Strukturen unterliegt Gesetzmäßigkeiten, die auf den ersten Blick nur als bizarr bezeichnet werden können und angesichts ihrer Komplexität sehr schwer zugänglich sind. Ottmar Loos‘ revolutionierte durch seine Theorie der Jordan-Paare das Verständnis des Gegenstandes. Zudem ließ er dieser Theorie in seinen Lecture Notes “Jordan pairs“ eine Darstellung angedeihen, die auch heute noch, 45 Jahre später, als vorbildlich und auf der Höhe der Zeit gelten darf. Die Theorie der Jordan-Strukturen lebt von grundlegenden Anwendungen auf zahlreiche Teilgebiete der Mathematik und Physik. Auch hier hat Ottmar Loos fundamentale Beiträge geliefert. “

Loos verlegte seinen Wohnsitz nach Hagen und war fast täglich in seinem Büro in der FernUniversität. Hier arbeitete er intensiv gemeinsam mit Erhard Neher (University of Ottawa) an der Fertigstellung ihrer Monografie über Steinberg-Gruppen und Jordan-Paare. In der Endfassung dieses Werkes, dessen Publikation durch den Birkhäuser-Verlag Ottmar Loos kurz vor seinem Tod noch erleben durfte, werden Synergie-Effekte sichtbar, die man so nicht erwarten konnte. Der Kontakt zum Lehrgebiet Diskrete Mathematik und Optimierung inspirierte die Autoren zum Begriff des „Jordan-Graphen“, der ihnen den Zugang zum methodischen Arsenal der Graphentheorie ermöglichte und so zu einer wesentlichen Vereinfachung der Theorie beigetragen hat.

Während seines gut zehnjährigen Wirkens an der FernUniversität hat sich Ottmar Loos durch sein sachkundiges Urteil, gepaart mit seinem verbindlichen Auftreten zurückhaltender Höflichkeit, viele Freunde gemacht. Seinen in persönlichen Gesprächen vielfach geäußerten Wunsch, aus eigenen Mitteln eine Stiftung zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses der Mathematik ins Leben zu rufen, konnte er leider nicht mehr verwirklichen.

Die Fakultät für Mathematik und Informatik wird ihm ein ehrendes Andenken bewahren.

Presse | 18.06.2020