„Die Digitalisierung von Bildung können wir in Deutschland noch viel weiterentwickeln“

Interview mit Christiane Schönefeld, Vorstand Ressourcen der Bundesagentur für Arbeit und neues Mitglied im Hochschulrat der FernUniversität in Hagen.


Foto: FernUniversität
Hochschulratsmitglied Christiane Schönefeld (re.) und Rektorin Ada Pellert

FernUniversität: Liebe Frau Schönefeld, was hat Sie daran gereizt, Mitglied im Hochschulrat der FernUniversität in Hagen zu werden?

Christiane Schönefeld: Uns verbindet ja ein Thema: das lebenslange Lernen. Denn die FernUniversität ermöglicht es Menschen aller Altersgruppen, sich weiterzubilden. Das unterscheidet die FernUniversität von den Präsenzuniversitäten, die sich ja doch stärker auf die Erstausbildung konzentrieren. Ich glaube bei dem Thema Digitalisierung von Bildung können wir in Deutschland noch viel weiterentwickeln, und das würde ich gerne mitgestalten.

FernUniversität: Die FernUni ist die einzige staatliche FernUniversität in Deutschland. Welche Bedeutung hat sie aus Ihrer Sicht für die deutsche Hochschul- und Bildungslandschaft?

Schönefeld: Die FernUniversität hat ein Qualifizierungsangebot im akademischen Bereich für alle Altersgruppen, für viele Lebenssituationen, in denen Menschen sich eben nicht frei machen können für ein Studium, sondern es neben ihrem Beruf absolvieren müssen – unabhängig von Ort und Alter. Das ist ein einmaliges Angebot und für das gesamte Qualifizierungsthema beispielgebend.

FernUniversität: Inwiefern?

Schönefeld: Wir sind ja, zumindest in der Vor-Corona-Zeit noch sehr stark auf Präsenzqualifizierung ausgerichtet gewesen. Auch die Qualifizierung der Bundesagentur für Arbeit, an der ich selbst tätig bin, war sehr stark präsenzorientiert. Weiterbildung wird für viele Menschen einfacher, wenn sie sowohl Präsenz wie auch Digitales kombinieren können und sich dann im Sinne von Blended Learning in einer wesentlich variableren Form qualifizieren können.

FernUniversität: Sie sind im Vorstand der Bundesagentur für Arbeit zuständig für den Bereich „Ressourcen“. Welche Rolle spielen Weiterbildung und lebenslanges Lernen für den Erwerb von Ressourcen in der heutigen Arbeitswelt?

Schönefeld: Wenn wir uns jeden Strukturwandel der letzten Jahre anschauen, dann kann man feststellen, dass durch Strukturwandel immer Arbeitsplätze wegfallen, genauso aber neue entstehen. Tendenziell sind die neuen Arbeitsplätze aber immer ein Stück höher qualifiziert als die, die weggefallen sind. Wir sehen es nicht zuletzt an der Arbeitslosenquote unter Akademikern: Sie ist immer deutlich geringer als bei Menschen mit anderen Berufsqualifikationen. Insofern wird Qualifizierung für uns in Deutschland nochmal wesentlich wichtiger werden in den nächsten Jahren. Wir werden erhebliche Strukturbrüche erleben, das sehen wir an den Megatrends. Aber dafür, dass die Menschen aus solch einer Situation auch wieder gut herausgehen, sind Qualifikation und lebenslanges Lernen eine ganz wesentliche Voraussetzung.

FernUniversität: Wofür möchten Sie sich im Hochschulrat der FernUniversität besonders einsetzen?

Schönefeld: Ich finde dieses Modell des von Ort und Lebensalter unabhängigen Qualifizierungsangebots beispielgebend für vieles andere. Ich glaube, dass in unseren jetzigen Strukturen Erstausbildung und Weiterbildung zu stark voneinander getrennt sind und würde gerne Ideen mitnehmen, wie man die Bildungslandschaft stärker miteinander verzahnen kann - auch außerhalb der FernUniversität in Hagen. Denn ich glaube, dass wir die lebenslang benötigte Bildung immer weniger in der Erstausbildung abdecken werden. Diese ist wichtig für den Einstieg ins Berufsleben, aber sie ist eben nicht mehr die Qualifizierung, die mich durch mein Berufsleben trägt. Das wissen wir alle, aber wir haben keine Bildungsstruktur, um damit umzugehen. Ich möchte das Beispiel FernUniversität gerne aus meiner Sicht unterstützen und dabei die arbeitsmarktliche Beratungskompetenz einbringen bei der Frage: Was braucht der Arbeitsmarkt? Das ist etwas, das ich geben kann, aber ich möchte auch gerne etwas mitnehmen, insofern glaube ich, ist das eine gute Situation für beide Seiten.

FernUniversität: Sie stammen aus Lüdenscheid, sozusagen aus der Nachbarschaft von Hagen. Haben Sie noch einen besonderen Bezug zu Südwestfalen oder zur FernUniverstität?

Schönefeld: Meine Familie kommt aus der Region, väterlicherseits direkt aus Hagen. Ich habe auch Freunde, die ebenfalls von hier stammen und mich ein Leben lang begleiten, da verbindet ein gemeinsamer Ursprung. Mit dem damaligen Rektor der FernUniversität Prof. Helmut Hoyer habe ich die Hochschulvereinbarung mit der Bundesagentur für Arbeit unterzeichnet. Die Kooperation, die wir damals vereinbart haben, würde ich gerne weiter vertiefen.

Vielen Dank für das Gespräch, Frau Schönefeld.

Die Fragen stellte Stephan Düppe, Pressesprecher der FernUniversität in Hagen.

Oliver Baentsch | 19.06.2020