Hybride Bioethik-Herbstschule
Philosophen der FernUniversität kooperierten mit Institutionen aus mehreren Ländern, damit Studierende und Lehrende grenzüberschreitend Themen aus der Medizin erarbeiten konnten.
Um „Medicine between Science and Art of Healing“ ging es bei einer einwöchigen internationalen Herbstschule zur Bioethik des Lehrgebiets „Praktische Philosophie – Ethik, Recht, Ökonomie“ der FernUniversität in Hagen. Mit Unterstützung des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) fand sie in Berlin statt, erstmals als Hybridveranstaltung. 14 Teilnehmende aus Griechenland, Bulgarien und Deutschland hatten den Weg nach Berlin gefunden; 20 weitere wurden online zugeschaltet.
„Geplant hatten wir eigentlich eine Sommerschule. Es hätte die siebte in unserer Reihe ‚Bioethik im Kontext‘ sein sollen“, so Prof. Dr. Thomas Sören Hoffmann. „Aufgrund der äußeren Umstände wurde es dann jedoch unsere erste Herbstschule.“
Außer der FernUniversität waren auch diesmal wieder die Universitäten Kreta, Linz, Sofia, Thessaloniki und Zagreb sowie die Politische Akademie in Tutzing mit von der Partie. Darüber hinaus war das Robert-Koch-Institut eingebunden. Die Lehrenden und Studierenden kamen aus Albanien, Bosnien und Herzegowina, Deutschland, Österreich, Russland und Serbien. „Wir bringen Studenten und Dozenten aus verschiedenen Ländern zusammen, die gemeinsam Fragen und Antworten erarbeiten, sich philosophisch austauschen und in vielen Fällen miteinander fachlich und freundschaftlich verbunden bleiben“, so Hoffmann weiter.
Aktuelle medizinethische Fragen diskutiert
„Ausgangspunkt unserer Herbstschule war die Erfahrung, dass medizinethische Konflikte nicht selten aus der Spannung zwischen dem Heilauftrag der Medizin, den sie aus dem Arztethos nur in der Zuwendung zum konkreten Menschen wahrnehmen kann, und dem Wissenschaftsanspruch der vom Individuum abstrahierenden Medizin, die dann als ‚Apparatemedizin‘, empfunden wird, entstehen“, wie Dr. Marcus Knaup vom Lehrgebiet Philosophie II erläutert.
Thematisiert wurde u.a. die Art und Besonderheit des medizinischen Wissens, das Arzt-Patienten-Verhältnis und das Arztethos in Zeiten der Technisierung und Digitalisierung. „In Workshops hatten die Teilnehmer die Gelegenheit, eigene Projekte wie z.B. Masterarbeiten und Promotionen vorzustellen und miteinander zu diskutieren“, so Knaup. Einen öffentlichen Abendvortrag steuerte der langjährige Direktor des Lübecker Instituts für Medizin- und Wissenschaftsgeschichte und Präsident der Akademie für Ethik in der Medizin (2001-2010), Prof. Dr. Dietrich von Engelhardt bei; sein Thema war das Verhältnis von Kunst und Therapie.
Besuche im Robert-Koch-Institut
Als Referentin der Herbstschule war diesmal auch Dr. Barbara Buchberger beteiligt. Buchberger arbeitet am Robert-Koch-Institut, hat kürzlich ihre Habilitation eingereicht und studiert an der FernUniversität Philosophie im Masterstudiengang. Ihr Philosophiestudium in Hagen wird sie voraussichtlich im kommenden Jahr abschließen können. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer hat sie im Laufe der Woche mehrfach in Kleingruppen durch das Robert-Koch-Institut geführt und über dessen Geschichte und aktuelle Bedeutung informiert. „Das Robert Koch-Institut (RKI) ist ein Ressortforschungsinstitut und nachgeordnete Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit. Es ist nach dem Arzt Robert Koch benannt, dem im Jahr 1905 für seine Entdeckung des Tuberkulose-Erregers der Nobelpreis für Medizin verliehen wurde“, so Buchberger.
Hoffmann und Knaup sind dankbar für die Einblicke, die durch die Führungen ermöglicht wurden. Auch ein gemeinsames medizinethisches Projekt ist geplant.
Besonderer Ort des gemeinsamen Lernens
„Ich bin fasziniert von der Art und Weise, wie im Rahmen der Herbstschule Perspektiven aus verschiedenen Disziplinen eingebracht wurden. Dankbar bin ich, dass gerade in dieser durch die Pandemie geprägten Zeit Möglichkeiten eröffnet wurden, in denen Dialog, kritische Reflexion und Wissensaustausch stattfinden konnten“, hob Christina Nanou, die an der Universität Kreta Bioethik studiert, begeistert hervor.
Auf dem Kulturprogramm der Herbstschule stand eine Besichtigung von Sanssouci. „Auch unseren Besuch auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof mit den Gräbern von Fichte und Hegel werde ich nicht vergessen“, ergänzt Leonidas Rokas. Er ist Kinderpsychologe und studiert an der Universität von Rethymno Bioethik. „Die Herbstschule war für mich ein ganz besonderer Ort des Lernens“, so Vladimir Pachemanov, der an der Sofioter Universität St. Kliment Ohridski Philosophie studiert. Er ist sicher: „Die Berliner Diskussionen und Impulse, die ich bekommen habe, werden hilfreich für meine weiteren Forschungen sein.“
Im nächsten Jahr wieder im Sommer
Das freut natürlich auch besonders Prof. Dr. Thomas Sören Hoffmann. „Im kommenden Jahr soll es im Juni wieder eine Sommerschule geben: ‚The Concept of ‚Health‘ and its Implications for Public Health Issues’ wird der Titel sein. Wir tagen in Tutzing am Starnberger See. Inhaltlich soll die Frage nach dem Begriff der Gesundheit aufgegriffen und auf Umsetzungsprobleme im öffentlichen Gesundheitswesen bezogen werden. Auch Leitvorstellungen von öffentlicher Gesundheit, wie sie seit der Covid-19-Pandemie verstärkt diskutiert werden, sollen identifiziert und bewertet werden“, wie der Philosoph und Medizinethiker verrät.