Datenbank-Spezialist und führender Kopf der FernUni-Informatik

Für sein Fach bereitete Prof. Ralf Hartmut Güting an der FernUniversität wichtige Kursänderungen vor. Mit einer Online-Konferenz wurde er in den Ruhestand verabschiedet.


Foto: privat
Prof. Ralf Hartmut Güting

Etwas Besonderes hatten sich Informatik-Professoren der FernUniversität in Hagen für ihren Kollegen Ralf Hartmut Güting anlässlich seines bevorstehenden Ruhestandes ab 1. März ausgedacht: Weil Präsenzzusammenkünfte zurzeit nicht möglich sind, verabschiedeten sie den Leiter des Lehrgebiets Datenbanksysteme für neue Anwendungen mit einer Online-Videokonferenz. Auch seine Urkunde erhielt er per Videokonferenz, natürlich zusätzlich zur gedruckten, die ihn per Post erreichte. Verbunden mit herzlichem Dank für seine Arbeit und das angenehmen Miteinander überreichten die Kollegen dem Hobby-Segler zum Abschied virtuell und real ein nautisches Fernglas.

Ralf Hartmut Güting kam 1989 zur FernUniversität. Also in einer Zeit, als die Informatik-Lehrgebiete der FernUniversität über weite Teile Hagens verstreut waren, die gemeinsame Nutzung eines Faxgerätes State of the Art der elektronischen Kommunikation war und Netzwerkanschlüsse mit ISDN-Geschwindigkeit funktionierten. Sein Lehrgebiet hatte seinen Standort in einem Bürogebäude in der Nähe des Hauptbahnhofes. Schon damals kannte man die FernUniversität in der wissenschaftlichen Informatik-Welt als die Uni, an der Ralf Hartmut Güting tätig ist.

Führender Kopf der FernUni-Informatik

Daran hat sich bis heute wenig geändert, seine Veröffentlichungen weisen nach wie vor hohe Zitierungszahlen auf. In vielem war der Datenbank-Spezialist seiner Zeit voraus. Sein „Lebenswerk“ Secondo ist durch seine extreme Flexibilität immer noch höchst fortschrittlich. Mit der Entwicklung dieser erweiterbaren, Datenmodell-unabhängigen Architektur für Datenbanksysteme begann Güting bereits 1993.

Prof. Dr. Jörg Desel, der Dekan der Fakultät für Informatik und Mathematik, dankte Güting herzlich dafür, dass er viele Jahre lang und über mehrere Wahlperioden hinweg den Prüfungsausschuss Informatik und die Kommission für Studienplanung und Evaluation aller Studiengänge der Informatik leitete. Er wurde zu einem führenden Kopf des Fachs Informatik in der Fakultät und übernahm für sie und die Weiterentwicklung ihres Studienangebots jahrzehntelang Verantwortung, blieb aber bescheiden im Hintergrund: „Dazu brauchte es nicht nur Einsatz, sondern stets auch das Vertrauen und die Akzeptanz der Kollegen, die du durch deine kollegiale und gewissenhafte Arbeitsweise stets erhalten hast.“

Gleichzeitig Dekan und erfolgreicher Wissenschaftler

Weniger bekannt ist, dass Güting zu Beginn seiner Tätigkeit ein Jahr lang Dekan des Fachbereichs Informatik war – ein Amt, das damals noch als „Schwarzer Peter“ galt: „Zunächst hatte man kaum Chancen, ihm zu entkommen.“ Unter anderem war er damals in die Planung des Informatikzentrums, das in den 1990-er Jahren auf dem Campus entstand, entscheidend einbezogen.

Zentrales Forschungsthema des Lehrgebiets ist die Architektur von Datenbanksystemen. Es geht hierbei um die Frage, wie entsprechende Datenbanksysteme (DBS) – große und komplexe Software-Pakete – konstruiert werden sollten. Diese Frage stellt sich immer wieder dann neu, wenn man Datenbanksysteme konstruieren will, die anspruchsvollere „Nicht-Standard-Anwendungen“ unterstützen sollen. Etwa, um Dokumente, Bilder, Landkarten, technische Zeichnungen, Röntgenbilder, Musikstücke, Filme usw. aufzubewahren, und mithilfe einer geeigneten Anfragesprache gezielt wiederzufinden. Um die Anforderungen derartiger Anwendungen an die Architektur von DBS zu verstehen, befassten Güting und sein Team sich intensiv mit Geodaten und vor allem der Verwaltung von Bewegungsdaten als zweitem Schwerpunkt.

Klare menschliche Kante gesegelt

Güting hatte, schon bevor er an die FernUniversität berufen wurde, eine Professur in Dortmund inne. Und so konnte Jörg Michael Haake bestätigen, dass Güting „ein toller akademischer Lehrer war“: Er hatte als Student in Dortmund selbst noch Vorlesungen Gütings gehört. In Hagen dessen Kollege zu werden war für Prof. Dr. Haake eine Freude und eine Ehre. Auch andere Kollegen unterstrichen, wie gut man mit Güting zusammenarbeiten kann. Und dass er sehr für seine Studierenden eintrat und eine „klare menschliche Kante“ segelte.

Auch aus Sicht von Güting war die Zusammenarbeit in der Informatik erfreulich, etwa bei den mit sehr guten Ergebnissen verlaufenden Re-Akkreditierungen der Studiengänge: „Dabei habe ich mit einigen Kollegen am engsten zusammengearbeitet und das lief sehr gut.

Das zeigte sich ebenso – zum Vorteil der Studierenden wie der Lehrenden – bei der Einführung von studienbegleitenden Prüfungen, erinnerte sich Güting, der seinerzeit die Neuerungen plante. Denn bei den früheren Diplomstudiengängen musste in den „entsetzlichen“ Prüfungen beim Studienabschluss extrem viel Lehrstoff in einer sehr langen Prüfung behandelt werden: „Das war qualvoll für Studierende und Prüfende“.

„Ich habe immer versucht, an der FernUniversität als Christ zu leben – als Mensch und als Professor!“ bekannte Güting.“ Was ich erreicht habe, habe ich mit Gottes Hilfe erreicht.“ Und: „Ich kann mich nicht erinnern, jemals mit jemandem größeren Ärger gehabt zu haben. Es war eine sehr schöne Zeit.“

Viele Ideen für den Ruhestand

Für seinen Ruhestand hat Güting noch keine konkreten Planungen, aber viele Ideen: „Mein Berufsleben hat Spaß gemacht. Ich könnte so weitermachen, in der Forschung habe ich ein gewisses Projekt im Auge. Und Secondo aufzugeben würde mir schwerfallen.“ Als Alternativen bietet sich vielleicht das Erlernen des Cellospielens an, auch das Klavierspiel beherrscht Güting und Saxophon hat er vor einigen Jahren gelernt. Schöffe an einem Gericht zu sein wäre genauso eine Überlegung wert wie sich um Flüchtlinge zu kümmern. Ganz sicher wird er aber weiterhin segeln. Das passende Fernglas hat er ja jetzt.

Foto: FernUniversität
In einer Online-Konferenz wurde Prof. Ralf Hartmut Güting (mittlere Reihe, 2.v.re.) in den Ruhestand verabschiedet.

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Gerd Dapprich | 08.03.2021