Was ist (uns) Bildung wert?

Sie interessieren sich für Veränderungsprozesse in Bildungsbereichen: Prof. Katharina Walgenbach und Prof. Thomas Höhne, der aktuell als Gastprofessor an der FernUniversität ist.


Foto: FernUniversität
Prof. Thomas Höhne ist im Lehrgebiet Bildung und Differenz von Prof. Katharina Walgenbach als Gastprofessor.

„Die Bilder eines privatisierten Krankenhauses und einer autonomen Schule gleichen sich stark.“ Prof. Dr. Thomas Höhne kritisiert daran, dass „ökonomische Kriterien auf das Denken und Handeln der Menschen in leitenden und administrativen Positionen“ zunehmend Einfluss nehmen und die ökonomische Logik pädagogisches Handeln zunehmend überlagere. Damit „findet eine Vermarktlichung von Schule, aber auch von weiteren öffentlichen Institutionen wie Krankenhäusern oder kommunalen Verwaltungen statt. Soziale Probleme werden ausklammert.“

Mit seiner Forschung zur Ökonomisierung wirft der Erziehungswissenschaftler von der Helmut Schmidt Universität, Hamburg, grundlegende Fragen zum Wert der Bildung auf. Thomas Höhne ist im Wintersemester 2021/22 als Gastprofessor im Lehrgebiet Bildung und Differenz von Prof. Dr. Katharina Walgenbach an der FernUniversität in Hagen. Der Aufenthalt wird ermöglicht über das interne Forschungsförderungsprogramm der FernUniversität sowie eine Kooperation mit dem Forschungsschwerpunkt „Figuration von Unsicherheit".

Neue Formen wettbewerbsorientierter Steuerung

Wettbewerb, Outputorientierung, Markt, Neue Politische Ökonomie – das Überschwappen dieser Elemente in den Bildungsbereich steht im Fokus seines Forschungsschwerpunktes „Ökonomisierung von Bildung“. „Mich interessieren die gesellschaftlichen Transformationsprozesse im Feld der Bildung, wie sie seit Ende der 1990er Jahre durch neue Formen wettbewerbsorientierter Steuerung bildungspolitisch in unterschiedlichen Bildungsbereichen – Elementarbildung, Schule und Universität – implementiert wurden“, so Höhne, der eine Professur für Erziehungswissenschaft, insbesondere gesellschaftliche, politische und rechtliche Grundlagen von Bildung und Erziehung innehat. Höhne möchte mit seiner Forschung einen kritischen Kontrapunkt gegenüber einer funktionalistisch orientierten Bildungsforschung setzen. Denn die Art, Bildungsforschung zu betreiben, habe sich seit der Schulleistungsstudie PISA enorm verschoben, so Höhne.

Mich interessieren die gesellschaftlichen Transformationsprozesse im Feld der Bildung, wie sie seit Ende der 1990er Jahre durch neue Formen wettbewerbsorientierter Steuerung in unterschiedlichen Bildungsbereichen implementiert wurden.

Prof. Thomas Höhne, Erziehungswissenschaftler

Bildungsmedien 4.0

„Außerdem bringt der Kollege sein Thema zu Digitalisierung und den damit verbundenen Veränderungen von Bildungs- und Wissensvermittlungspraktiken mit an die FernUniversität“, sagt Walgenbach. Seit seiner Promotion im Jahr 2000 zur Theorie des Schulbuchs – also dem klassischen pädagogischen Medium – hat sich Höhne kontinuierlich mit Fragen von Bildungsmedien und dem medialen Wandel von Lehr-/Lernwissen beschäftigt. In einem DFG-Projekt untersucht er, inwieweit sich durch veränderte Produktionspraktiken bei Bildungsmedien, vor allem durch Digitalisierung, das Vermittlungswissen in den Medien selbst verändert. Das Projekt mit dem Titel „Bildungsmedien 4.0? Eine Analyse zu den Veränderungen von Produktion und Vermittlungswissen im Feld der Bildungsmedien“ passt inhaltlich gut zu Walgenbachs DFG-Projekt über „Bildungsstrategien oberer Milieus im Feld der Hochschule“. Beide planen ein gemeinsames Kolloquium mit ihren jeweiligen Forschungsteams.

Lehrvideo und Tagung

Ziel der Gastprofessur ist es unter anderem, ein Lehrvideo über „Bildung, Ökonomie und Staat“ zu produzieren. „Damit begebe ich mich selbst auf das Feld der audiovisuellen Lehrmedienproduktion“, meint Höhne, der auf diese Erfahrung gespannt ist. Bisher hat er Bildungsmedienprodukte ausschließlich wissenschaftlich erforscht – noch nie selbst produziert. Das Thema ist komplex und jeder Inhalt erfordere „ein anderes Format, bei dem wir auf dokumentarische oder auch Storytelling-Elemente zurückgreifen werden.“

Darüber hinaus bringen Walgenbach und Höhne auch noch eine gemeinsame Tagung auf den Weg: „Hochschulen zwischen Markt, Staat und Eigenlogik“. Im Hagener Forschungsschwerpunkt „Figurationen von Unsicherheit“ ist zudem unter anderem ein Vortrag geplant, in dem sich Höhne kritisch mit den Präventions- beziehungsweise Sicherheitskonzepten in der politischen Bildungsarbeit auseinandersetzt.

Anja Wetter | 18.10.2021