Pionierin der Umweltpsychologie geehrt

Prof. Lenelis Kruse-Graumann wurde der Verdienstorden des Landes Baden-Württemberg verliehen. Von 1985 bis 2007 war sie in Hagen tätig – als erste Professorin der FernUniversität.


Foto: Staatsministerium Baden-Württemberg
Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann überreichte Prof. Lenelis Kruse-Graumann die Urkunde zum Verdienstorden des Landes.

Mit dem Verdienstorden des Landes Baden-Württemberg hat Ministerpräsident Winfried Kretschmann Dr. Lenelis Kruse-Graumann ausgezeichnet, die von 1985 bis 2007 an der FernUniversität in Hagen Professorin für Umweltpsychologie war. Diesem von ihr mitbegründeten Fach widmete sie ihr wissenschaftliches Leben, bereits ihre Dissertation 1972 war deutschlandweit die erste in diesem Bereich. Die Erkenntnis, dass die Psychologie als Verhaltenswissenschaft zu dieser Thematik sehr viel beizutragen hat, interessierte damals kaum jemanden – außer Prof. Kruse-Graumann. Zugleich war sie auch die erste Professorin der FernUniversität überhaupt.

Ihr Lehrgebiet „Psychologie mit dem Schwerpunkt Umweltpsychologie“ war ein Novum in Deutschland, für das wohl niemand anderes in der Bundesrepublik so qualifiziert und erfahren war wie sie. Ihr war – nach ihren eigenen Worten – diese Professur „auf den Leib geschrieben“. Um alle Bereiche der Umweltpsychologie zu erfassen, wurde es auf ihren Wunsch hin in „Psychologie, Schwerpunkt: Ökologische Psychologie“ umbenannt. 2007 verabschiedete sich Prof. Kruse-Graumann in den Ruhestand.

Früh trieb sie die Themen Umwelt und Nachhaltigkeit auch auf der Ebene der Bundes- und der Wissenschaftspolitik mit voran und setzte sich in zahlreichen Gremien erfolgreich für die Umsetzung umweltpsychologischer Erkenntnisse in politisches Handeln ein. Umweltpsychologische Funktionen hatte sie während ihres aktiven Dienstes an der FernUniversität und auch danach in hochrangigen internationalen und nationalen Gremien inne. 1986 wurde sie als erste Frau Mitglied im UNESCO-Programm Mensch und Biosphäre, in dem bis dahin nur Ökosystem-Forscher saßen.

Eine der ersten Frauen im Wissenschaftsrat

Ihr wohl wichtigstes Amt war die Tätigkeit im Wissenschaftsrat, in den sie 1992 durch den Bundespräsidenten berufen wurde und in dem sie sechs Jahre lang als eine der ersten Frauen überhaupt Mitglied war.

Die zweite ehrenvolle Berufung im selben Jahr war die in den Wissenschaftlichen Beirat Globale Umweltveränderungen der Bundesregierung, in dem höchst renommierte (männliche) Klimaforscher saßen. Absolut relevant für Kruse-Graumanns Berufung war, dass sie – als eine von wenigen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern – eine Disziplin vertrat, die sich aus der Perspektive einer Sozial- und Humanwissenschaft mit Umweltproblemen befasste. Ein besonderes Ereignis war für sie, hier in der Arbeitsgruppe „Chancengleichheit von Frauen in Wissenschaft und Forschung“ mitzuarbeiten und an einem „revolutionären“ Positionspapier mitzuwirken.

Zusätzlich zu ihren Aufgaben in Forschung, Lehre und – auch im Ruhestand – in der Weiterbildung engagierte sie sich in der FernUniversität frauenpolitisch. Wichtig war für sie aber immer, nicht nur als Frau in ein solches Gremium zu gehen. Vielmehr fragte sie sich: „Was kann ich beitragen?“

Sozial- und Sprachpsychologie zweiter Schwerpunkt

In ihrem zweiten wissenschaftlichen Schwerpunkt Sozial- und Sprachpsychologie geht es um Themen wie Frauen in Führungspositionen, Soziale Repräsentation und Sprache: Männer und Frauen, Jung und Alt, Partnerhypothesen und soziale Identität in Konversationen sowie um Konstruktion von Geschlecht durch Sprache am Arbeitsplatz.

Im Ruhestand ist sie als Honorarprofessorin am Psychologischen Institut der Universität Heidelberg tätig. Sie unterstützt das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie in seiner inhaltlichen und strategischen Aufstellung. Zudem hat sie ihre Expertise auch als Stellvertretende Vorsitzende im Nachhaltigkeitsbeirat des Landes Baden-Württemberg eingebracht. In ihrer Wohnortgemeinde Lobbach begleitete sie die Arbeit am Gemeindeentwicklungskonzept 2025 und der Integrierten Klimaschutzkonzeption.

Beispielhaft engagiert

Der Verdienstorden des Landes Baden-Württemberg wird in der Regel einmal jährlich für herausragende Verdienste um das Land Baden-Württemberg verliehen, insbesondere im politischen, sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Bereich. Die jetzt Ausgezeichneten haben sich nach den Worten des Ministerpräsidenten „in herausragender Weise für ihre Mitmenschen und unser Gemeinwesen eingesetzt, sie haben Verantwortung übernommen und sich über viele Jahre in verschiedensten Bereichen beispielhaft engagiert!“

Gerd Dapprich | 05.05.2022