Die Ausstellung „Fernes Hagen“ zeigt Kolonialismus vor Ort

Der Kolonialismus hat Spuren hinterlassen – auch in Hagen. Die Ausstellung macht dies ab 18. Oktober in der Bibliothek auf dem Campus der FernUniversität anschaulich sichtbar.


In einer Vitrine glänzt der buntbedruckte Stoff wie neu. Grazile Antilopen, bunte Baldachine und ein sportlicher Speerwerfer zieren die Tücher. Die westfälische Firma Göcke & Sohn bedruckte in den 1950er Jahren Stoffe für den Export in den Kongo mit lokalen Mustern und bekannten Persönlichkeiten. Was damals folkloristisch anmutete, steht heute als Beispiel für kulturelle Aneignung und wirtschaftliche Ausbeutung ehemaliger Kolonien. Gleichzeitig prägt die Stofffabrik die Industriegeschichte der Region Hagen.

Ins Gespräch kommen

Der Kolonialismus hat Spuren hinterlassen – in Hagen wie auch an vielen weiteren Orten in Deutschland. Die Ausstellung „Fernes Hagen. Kolonialismus und wir“ in der Bibliothek (UB) der FernUniversität in Hagen macht das koloniale Erbe und die bestehenden Verflechtungen anschaulich sichtbar: über Objekte und Biografien, Bücher und Wandkarten, Stoffe und Fotos. Dr. Fabian Fechner und Barbara Schneider aus dem Lehrgebiet Geschichte Europas in der Welt an der FernUniversität haben die Ausstellung wissenschaftlich konzipiert und gemeinsam mit Dr. Jeanine Tuschling-Langewand von der UB Hagen umgesetzt.

Die Ausstellung auf dem Campus in Hagen ist bis zum 16. Januar 2023 zu sehen.

„Wir möchten über Kolonialgeschichte ins Gespräch kommen, sie kritisch hinterfragen“, sagt Barbara Schneider. Als Forschungsfeld ist „Kolonialismus vor Ort“ noch ein relativ junges und verstreutes, das meiste läuft über lokale Initiativen und Gruppen. Die Historikerin und der Historiker von der FernUni möchten sich und andere mithilfe der Ausstellung stärker vernetzen. Denn die Fragen sind überall ähnlich: Bestimmte und veränderte kolonialistisches Gedankengut die politischen, ökonomischen und kulturellen Handlungsräume und Vorstellungswelten der Stadtgesellschaft? Wie kann Erinnerung an den Kolonialismus Teil einer Stadtgeschichte werden? Die Hagener Ausstellung mit ihren sechs Themenfeldern ist als Wanderausstellung konzipiert und ausleihbar. Bis 2024 wird sie an mehreren bundesweiten Campusstandorten der FernUniversität mit Begleitveranstaltungen gezeigt.

    • Exotistische Diskurse in Hagener Firmen
    • „Weltkunst“ im Museum Folkwang
    • Nachlass des Entwicklungshelfers Alfred Kunigk
    • Eine Biografie als Spiegel der Weltpolitik
    • Kolonialpropaganda an Schulen
    • Kolonialkrieg und Revisionismus

„Die Debatten über die koloniale Vergangenheit der eigenen Stadt oder Gemeinde funktionieren grundsätzlich schon – in der Regel über Straßennamen, Erinnerungsstätten und ortsansässige Firmen“, beschreibt Fechner. „Wir möchten den Diskurs gern vertiefen und interessierte Menschen miteinander vernetzen.“

Gegenstand der Forschung

Für ihn und seine Kollegin begann alles mit einem Seminar für Studierende an der FernUniversität. Es weitete sich zum Forschungsthema aus. Barbara Schneider und Fabian Fechner sind sehr aktiv in Hagen, halten Vorträge und bieten Stadtführungen zu relevanten postkolonialen Orten an. Über Personen, die daran teilgenommen hatten, kamen einige der Ausstellungsstücke zusammen. „Häufig sind das familiäre Erinnerungsstücke oder Sammelobjekte von Heimatvereinen“, so Schneider. Für sie sind es wertvolle Forschungsgegenstände.


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