Studie zum Schlafverhalten während der Krise

Der „Lockdown“ bringt gewohnte Tagesstrukturen durcheinander. Was macht das mit dem Schlaf der Menschen? Die Psychologin Liesemarie Albers führt dazu eine Studie durch.


Portrait Foto: Gerd Tübben
Als Gesundheitspsychologin hat sich Liesemarie Albers auf das Thema „Schlaf“ spezialisiert.

+++Update 08.05.2020: Inzwischen werden keine weiteren Teilnehmenden mehr für die Studie gesucht.+++

„Wäre ich doch nur etwas früher ins Bett gegangen!“ Das haben sich wohl die meisten Menschen schon einmal gedacht. Auf Dauer schadet Schlafmangel der Gesundheit – das ist klar. Dennoch fällt es vielen schwer, ihren Tag rechtzeitig zu beenden. Erklärungen dafür möchte Liesemarie Albers finden. Sie ist Psychologin an der FernUniversität in Hagen und forscht zur sogenannten Schlaf-Prokrastination. „Das heißt, dass Leute nicht ins Bett gehen, obwohl sie es sich zu einer bestimmten Zeit vorgenommen haben.“ Dass die Corona-Krise den Alltag vieler Menschen zusätzlich durcheinanderwirbelt, veranlasste Albers jetzt zu einer speziellen Längsschnittstudie. „Viele Menschen müssen ihre Tagesabläufe komplett neu strukturieren und organisieren.“ Welche Konsequenzen das hat, möchte sie mit einer Online-Befragung herausfinden. Hierfür sucht sie noch Teilnehmende. Mitmachen können alle Personen über 18 Jahren, die keine diagnostizierte Schlafstörung haben. Studierende der FernUniversität erhalten für die Teilnahme 2,5 Versuchspersonenstunden. Die Studie setzt sich zusammen aus einer Vorbefragung und 14 täglichen Kurzfragebögen.

„Ach, nur noch eine Folge…“

„Der neue Alltagsrhythmus kann in verschiedenen Lebensbereichen eine Herausforderung aber auch eine Chance darstellen“, betont Albers die Offenheit ihrer Studie. Als Doktorandin arbeitet sie im Lehrgebiet Gesundheitspsychologie von Prof. Dr. Christel Salewski. Die Schlafforschung ist Teil ihres Promotionsprojekts, das in eine Lücke stößt: „Schlafmangel wird in der Gesundheitspsychologie oft aus einer klinischen Sicht erforscht. Allerdings haben nicht alle Menschen, die zu wenig schlafen, gleich eine Schlafstörung.“ So kann der Schlafmangel zum Beispiel an mangelnder Selbstkontrolle liegen – etwa, wenn die nächste Folge der Lieblingsserie einfach zu verlockend ist. Umgekehrt kann auch sogenannte Selbstlizenzierung das Einschlafen verzögern. Das gilt beispielweise für Personen, die ihr spätes Zubettgehen damit begründen, dass sie noch dringend etwas für den Job oder im Haushalt erledigen müssen.

Innere Uhren ticken verschieden

Die Forschung veranschaulicht die zwei grundlegenden Arten, wie Menschen schlafen, mit Bildern aus der Tierwelt: Eulen bleiben länger im Bett, fühlen sich aber noch später am Tag produktiv. Lerchen hingegen sind zwar früher wach und leistungsfähig, dafür aber eher müde. „Mich interessiert besonders, wie sich die veränderte Tagesstruktur auf solche Morgen- und Abendtypen auswirkt“, erklärt Liesemarie Albers. Die derzeitigen Maßnahmen zur Ausbremsung der Corona-Pandemie, bringen zwar viele Einschränkungen, lösen zugleich aber auch viele Zwänge auf – etwa hinsichtlich fester Arbeitszeiten. Wann der Wecker klingelt, können sich viele derzeit freier aussuchen als sonst.

Egal welcher Trend sich am Ende der Studie abzeichnet: Für Liesemarie Albers steht fest, dass ihre Forschungsarbeit dabei helfen soll, Leute besser zum Schlafengehen zu motivieren: „Ich möchte langfristig Handlungsempfehlungen ableiten, um Schlafmangel und dessen Folgen rechtzeitig entgegenzuwirken.“

Benedikt Reuse | 15.04.2020