Fernstudierende holen ausgefallene Prüfungen nach

Mehr als 6.000 Studierende schreiben jetzt ihre abgesagten Klausuren nach. Die FernUniversität in Hagen hat Messehallen, Eventlocations und Tagungshotels angemietet.


Foto: Izabela Habur/Getty Images
Durch die Sitzordnung wird sichergestellt, dass in den Prüfungsräumen ein Sicherheitsabstand von mindestens 1,50 m eingehalten wird.

Wenn ab der kommenden Woche 6.000 Studierende der FernUniversität zu ihren Klausurorten reisen, dann tippen sie Eventhalle Hagen, Galopprennbahn Düsseldorf oder Holiday Inn München in ihre Navis. Für die Nachschreibklausuren hat die FernUniversität größere Räumlichkeiten angemietet, die es über hundert Personen gleichzeitig ermöglicht, im Sinne der Corona-Maßnahmen auf Abstand zu gehen.

„Think big“ hieß es deshalb für Dr. Jens Wehrmann, Leiter des Zentralbereichs der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft, als er vor zehn Wochen damit begann, über geeignete Klausurorte nachzudenken. „Wir hatten erst weniger als die Hälfte der Klausuren im März geschrieben, als Corona reingrätschte.“ Seitdem feilen mehrere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der FernUni an einem Konzept, mit dem die ausgefallenen Klausuren nachgeholt werden können.

„Es war wirklich ein großer logistischer Aufwand und viel Abstimmungsbedarf notwendig“, fasst Wehrmann die Planung zusammen. In dem Konzept geht es, wie in Corona-Zeiten üblich, vor allem um Abstandsregeln und Hygienemaßnahmen, „damit die Studierenden ihre Prüfung bei einem möglichst geringen Infektionsrisiko ablegen und trotzdem die akademischen Standards gelten.“ Zwischen den Einzeltischen sind mindestens 1,5 Meter Platz, nach einer Klausur gibt es größere Pausen, um die Tische zu desinfizieren. Außerdem sollten Studierende Alltagsmasken tragen, wenn sie im Gebäude unterwegs sind und sich nicht in größeren Gruppen zusammenfinden.

Plan B für zwei Fakultäten

Vor der Corona-Krise haben viele Studierende der FernUni ihre Klausuren in Hörsälen anderer Universitäten geschrieben. Doch im digitalen Semester und wegen der Corona-Regeln stoßen andere Unis an ihre Kapazitätsgrenzen. Die Fakultät brauchte einen Plan B.

„Mit das Aufwändigste war, nebenbei auch noch die derzeitige Rechtslage im jeweiligen Bundesland des Klausurortes im Blick zu behalten“, sagt Jens Wehrmann. „Und auch für Studierende aus Österreich und der Schweiz sollte es möglich sein, zur Klausur nach Deutschland kommen zu dürfen.“ Selbst wenn die Grenzen pünktlich zum Klausurstart wieder öffnen, hat die FernUniversität vorsichtshalber Passierscheine ausgestellt, damit die Studierenden ihre Reise, falls nötig, begründen können.

Die meisten Studierenden, die zur Prüfung anreisen, sind an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft eingeschrieben. Einige hundert kommen von der Fakultät für Mathematik und Informatik. Die beiden Fakultäten zogen deshalb bei der Organisation an einem Strang. Die gemeinsame Planung war für Jens Wehrmann ein großer Gewinn: „Auch um die Kosten so gering wie möglich zu halten.“

Gedanklich bereitet sich der Leiter des Zentralbereichs schon auf die nächste Klausurphase im September vor: „Auch dann werden sicherlich wieder alle ihre Arbeit machen, ohne große Worte darüber zu verlieren.“ Es werden dann mit 10.000 Studierenden noch ein paar mehr sein, die zu ungewöhnlichen Klausurorten reisen: Eventhallen, Tagungshotels, vielleicht ist auch wieder eine Galopprennbahn dabei. Die ersten größeren Räumlichkeiten sind jedenfalls schon gebucht.

Sarah Müller | 09.06.2020