Forschungsprojekt stärkt digitale Souveränität

Das Lehrgebiet Bildungstheorie und Medienpädagogik an der FernUniversität forscht mit an einer virtuellen Assistenz im Gesundheitswesen.


Ein Mann im Arztkittel und eine Frau sitzen an einem Tisch, auf dem ein Handy liegt mit dem Schriftzug ViCon auf dem Display. Foto: Fraunhofer ISST
Patientenaufklärung und ViCon-Assistenzsystem

Online einkaufen, Öffnungszeiten recherchieren, Ausstellungskarten ordern – jedes Mal hinterlassen wir beim Shoppen im Netz unsere Daten, stimmen deren Verarbeitung zu. Aber wissen wir in jedem Fall wirklich, was nach dem Klick auf den Sendeknopf mit den Daten geschieht? Wer sie unter Umständen noch bekommt, um sie weiter zu nutzen? Je sensibler die Daten, desto besser informiert sollten wir sein – desto bewusster sollten wir mit unseren Daten umgehen.

Förderung durch Bundesforschungsministerium

Auch im Gesundheitswesen – etwa in Krankenhäusern – wird es immer digitaler. „Hier setzt die Verarbeitung personenbezogener Daten zwingend eine Einwilligung voraus, bevor die medizinische Leistung überhaupt erfolgt. Wer beispielsweise vor einer Operation steht, leistet vorab zig Unterschriften“, beschreibt Jessica Felgentreu. „Mit jeder Unterschrift sind meine Privatheit und meine Daten betroffen. Hier spielen Informiertheit und digitale Souveränität in Bezug auf deren Weiterverarbeitung deshalb eine große Rolle.“ Die Digitalisierung ist im Gesundheitswesen immer stärker wahrnehmbar und bringt einige Herausforderungen für Datenschutz, Ethik, Vertrauen und Kompetenzentwicklung mit sich. Das betrifft vor allem den Umgang mit personenbezogenen Daten. Um sie weiterverarbeiten zu können, müssen Patientinnen und Patienten zuvor ihre Einwilligung („Consent“) geben.

Portrait Claudia de Witt Foto: FernUniversität
Prof. Claudia de Witt
Portrait Jessica Felgentreu Foto: FernUniversität
Jessica Felgentreu

Jessica Felgentreu ist an der FernUniversität in Hagen Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Lehrgebiet Bildungstheorie und Medienpädagogik von Prof. Dr. Claudia de Witt. Das Lehrgebiet ist am Forschungsprojekt ViCon (Virtueller Consent Assistent für informierte und datensouveräne Patienteneinwilligungen) beteiligt, das im Gesundheitswesen angesiedelt ist und durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Förderrichtlinie „Mensch-Technik-Interaktion für digitale Souveränität“ gefördert wird. Die Koordination liegt bei der Fraunhofer-Gesellschaft unter Beteiligung der Fraunhofer ISST/Dortmund und Fraunhofer IMW/Leipzig.

„Ziel des Projekts ist es, im Sinne von Data Literacy Patientinnen und Patienten in die Lage zu versetzen, selbstbestimmt mit Einwilligungen umzugehen. Dazu wollen wir herausfinden, welche Methoden und Mechanismen sicherstellen, dass die Person ausreichend informiert ist“, skizziert de Witt das Vorhaben. Daran forscht das interdisziplinäre Konsortium aus den Bereichen Mediendidaktik, Ethik, Rechtswissenschaften, Ökonomie und Technologie.

Mediendidaktisches Konzept

Gemeinsam arbeiten sie an der Entwicklung einer App als digitales plattformunabhängiges Mensch-Technik-Dialogsystem. „Die adaptive Anwendung `beurteilt`, inwieweit die Patientin oder der Patient vorinformiert ist, unterstützt mit personalisierten Empfehlungen und Reflexionshinweisen und sie spielt bei Bedarf mediendidaktisch aufbereitete Inhalte interaktiv ein“, erklärt Felgentreu. In den Händen der FernUni-Wissenschaftlerinnen liegt die mediendidaktische Konzeption.

„Wir arbeiten an der Schnittstelle zwischen Technik und Zielgruppe“, beschreibt de Witt. „ViCon, die virtuelle Assistenz, begleitet Patientinnen und Patienten bei ihrem Anwendungsprozess über Lernpfade – individuell angepasst und mit Wahlfreiheiten ausgestattet“, hebt Felgentreu auch an dieser Stelle die Selbstbestimmtheit hervor.

Denn es geht im Projekt zudem darum, Vertrauen in die Nutzung digitaler Systeme und Medien sicherzustellen. „Wir wollen vor allem Bürgerinnen und Bürger zu reflektierten Entscheidungen und souveränem Handeln verhelfen“, ergänzt Felgentreu. „ViCon assistiert am Ende dabei, wie sich Patientinnen und Patienten über Einwilligungserklärungen informieren.“

In drei Jahren soll es so weit sein, dass ViCon flächendeckend eingesetzt werden kann. Insgesamt wird das Projekt mit 1,8 Mio. Euro gefördert.

Anja Wetter | 09.11.2020