Was läuft da zwischen Mensch und Maschine?

Nach der komplexen Beziehung fragte eine Tagung des Forschungsschwerpunkts digitale_kultur. Um Antworten zu finden, müssen verschiedenste Disziplinen an einem Strang ziehen.


Frau in Sportkleidung nutzt digitales Fitness-Armband Foto: Oscar Wong/Moment/Getty Images
Verschränkte Sphären: Viele Menschen lassen sich im Alltag bereitwillig von Maschinen beobachten und bewerten – zum Beispiel beim Fitnesstraining.

Es ist kompliziert. Die Digitalisierung hat das traditionelle Verständnis davon, wie Menschen und Maschinen miteinander interagieren, durcheinandergewirbelt. Eine große Online-Tagung an der FernUniversität in Hagen fragte jetzt nach den Folgen, die sich daraus für Wissenschaft, Gesellschaft und Kultur ergeben. Die Veranstaltung hatte den Titel „Von Menschen und Maschinen“. Ausgerichtet wurde sie als Jahrestagung vom Forschungsschwerpunkt digitale_kultur der FernUniversität gemeinsam mit der Emmy Noether-Forschungsgruppe „Das Phänomen der Interaktion in der Mensch-Maschine-Interaktion“. „Insgesamt gab es rund 280 Anmeldungen aus dem In- und Ausland“, bilanziert Veranstalterin Sarah Kissler stellvertretend für das ganze Team. Es bestand außerdem aus Dr. Selin Gerlek, Dr. Thorben Mämecke, Dennis Möbus und Johanna Seifert (s. Infobox). Die Veranstaltung erstreckte sich mit seinen sechs Panels über drei Tage.

Schubladendenken reicht nicht aus

„Es gibt große Debatten um die Mensch-Maschine-Interaktion. Einige Themenfelder haben sich dabei schon fest etabliert“, erklärt Kissler den Ausgangspunkt der Tagung. Allerdings sei es sinnvoll, die Sichtweisen verschiedener Disziplinen noch stärker miteinander zu verschränken. Kultur- und Sozialwissenschaften einerseits und Technikwissenschaften und Informatik andererseits müssen künftig noch enger zusammenarbeiten. Bei technischen Inventionen sind etwa auch ethische oder gesellschaftspolitische Faktoren mitzudenken: „Das klassische Bild vom Menschen, der einfach ein Werkzeug benutzt, greift zu kurz. Die Interaktionen werden immer komplexer.“ Kissler verweist hier exemplarisch auf den medizinischen Bereich, in dem es längst nicht nur um die Frage nach der technischen Machbarkeit geht: „Es gibt zum Beispiel Pflegeroboter. Aber wollen wir ihnen wirklich Verantwortung für Menschen geben? Ist es wünschenswert, das Alte von ihnen gepflegt werden? Oder bedeutet das einen Verlust von Humanität?“

Das Organisationsteam

Die Tagung organsierten die FernUni-Forschenden Dr. Selin Gerlek, Johanna Seifert (Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen in der Emmy Noether-Forschungsgruppe „Das Phänomen der Interaktion in der Mensch-Maschine-Interaktion“), Sarah Kissler (Koordinatorin Forschungsgruppe I: Digitalisierung – Subjektivierung – Verkörperung), Dr. Thorben Mämecke (Geschäftsführer des Forschungsschwerpunktes digitale_kultur) und Dennis Möbus (Koordinator Forschungsgruppe II: digital humanities – Forschen im digitalen Raum).

Riesiges Forschungsfeld

Der Blick auf solche Facetten zeigt, wie vielschichtig das übergeordnete Tagungsthema war. Entsprechend breit fiel die Palette der Vortrags- und Diskussionsthemen aus: von Self-Tracking-Apps über TikTok, Augmented Reality, Künstliche Intelligenz bis hin zum hermeneutischen Verständnis von Algorithmen. Die Teilnehmenden näherten sich dem Gegenstand aus verschiedensten Richtungen. Eine Klammer bildeten dabei Keynotes zu den Themen „On intertechnicality: Postphenomenology, New Materialism, and Digital Materiality“ (Peter-Paul Verbeek, Twente) und „Reclaiming Agency in Human-Machine Interactions“ (Stefania Milan, Amsterdam).

Bei aller Vielfalt blieb das Organisationsteam jedoch programmatisch auf eine unparteiische Sichtweise bedacht: „Unser Ziel als Forschende ist es immer, sich weder auf die Pro- noch die Contraseite zu schlagen, weder Dystopie noch Utopie aufzuzeigen“, unterstreicht Kissler. Je vielfältiger und differenzierter die Betrachtungsweise, desto besser. „Externe Gäste helfen auch noch mal sehr dabei, über den eigenen Tellerrand zu blicken“, betont die Hagener Forscherin mit Blick auf die Referierenden von anderen Universitäten. „So verlieren wir nicht aus den Augen, was andere machen.“

Neue Ideen und Allianzen

Einfache Antworten leiteten sich erwartungsgemäß nicht aus der Tagung ab – zu anspruchsvoll waren die Fragestellungen. Auf weitere intensive Forschungsarbeit sind alle Teilnehmenden eingestellt. Hierfür zeichnen sich nach der Veranstaltung schon vielversprechende Bündnisse ab: Viele Mitglieder des Forschungsschwerpunkts digitale_kultur haben bei der Veranstaltung neue mögliche Kooperationspartner:innen kennengelernt. „Nach der Tagung arbeitet es jetzt erstmal eine Runde in allen“, resümiert Kissler. „Es gab viele interessante Anknüpfungspunkte, Impulse und Verbindungen.“ Das Netzwerk sei durch den Austausch engmaschiger geworden. „Unser gemeinsames Vorhaben hat dadurch noch mal einen neuen Schub bekommen!“

 

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Benedikt Reuse | 16.03.2021