Bücherspende stärkt lokales Standbein der FernUniversität in Hagen

Der Hagener Heimatbund hat der Uni-Bibliothek fünf Kisten mit wissenschaftlich wertvollen Büchern zur Stadtgeschichte geschenkt. Auch Bürgerinnen und Bürger können sie ausleihen.


Foto: FernUniversität
Über das Geschenk, das Jens Bergmann (Mitte) vom Heimatbund Hagen übergab, freuten sich die Wissenschaftler Prof. Jürgen G. Nagel und Fabian Fechner sowie von der Universitätsbibliothek Jeanine Tuschling-Langewand und Sabine Planka.

Dass in einer Bibliothek Bücher abgeholt werden, ist deren Kerngeschäft. Jens Bergmann machte das Gegenteil, er brachte fünf Umzugskartons voll mit Büchern in die Bibliothek der FernUniversität in Hagen: Historische Werke, Bild- und Kunstbände, in den letzten etwa 120 Jahren verfasst von Privatleuten, Lehrern, Schriftstellern und Heimatkundlern, geben Einblicke in die Entwicklung der Stadt wie in Privates. Mit dieser Spende des Hagener Heimatbundes e.V. kann die Universitätsbibliothek (UB) ihren Fundus an Büchern mit Bezug zur Stadt Hagen erheblich vergrößern.

„Damit können wir als die Universität in der Stadt Hagen regionalwissenschaftliche Themen vertiefen“, freute sich Dr. Jeanine Tuschling-Langewand über die großzügige Schenkung von regionalem Schrifttum: „Diese meist ‚graue Literatur‘ wurde oft von Vereinen, Unternehmen oder Privatleuten in nur kleinen Auflagen gedruckt und ist über den Buchhandel schwer zu bekommen.“ Die FernUni-UB sammelt sie und macht sie der Wissenschaft wie der Öffentlichkeit zugänglich, über die Ausleihe auf dem Campus oder über die Fernleihe.

Auf die Spendenidee kam der Heimatbund, weil zahlreiche Bände bei ihm doppelt vorhanden sind und weil er seit mehreren Jahren intensive Kontakte mit der UB und der FernUniversität unterhält. So beteiligte er sich nach den Worten von Dr. Fabian Fechner, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrgebiet „Geschichte Europas in der Welt“ von Prof. Dr. Jürgen G. Nagel, unter anderem an Seminaren zu kolonialen Spuren in Hagen und zu lokaler Erinnerungskultur. Der rege Austausch dabei zeigte die Potentiale auf, die die Zusammenarbeit mit engagierten lokalen Gruppen birgt: „Viele können zur Geschichtsforschung Beiträge leisten“, so Fechner. „Wir haben inzwischen erkannt, was die Zusammenarbeit zwischen Universität und engagierten Vereinigungen vor Ort möglich macht.“

Lebendige Geschichtsszene

Denn in Hagen gibt es eine sehr lebendige Geschichtsszene mit zahlreichen Kontakten und Archiven. Viele Bücher sind doppelt vorhanden, daher entschlossen sich die Vereinsvorstände Jens Bergmann und Michael Eckhoff, Doubletten an die UB abzugeben. Sie kann damit ihren Bestand an lokaler und regionaler Literatur erheblich erweitern.

Die neuen Quellen stehen allen Interessierten kostenfrei zur Verfügung. Die wissenschaftliche Bibliothek ist auch für Hagener Bürgerinnen und Bürger Anlaufstelle. Ganz besonders freuen sich natürlich die Historikerinnen und Historiker der FernUniversität, die sich bereits seit einigen Jahren unter anderem mit hiesigen Unternehmerfamilien befassen, mit Straßennamen oder den Spuren, die die Kolonialzeit in der Stadt hinterlassen hat. Damit erhalten sie auch wertvolles Material für neue Forschungen.

FernUni präsent und aktiv in Hagen

Foto: FernUniversität
Es wächst immer mehr zusammen, was zusammengehört

Das steigende FernUni-Interesse an Hagens Historie bestätigte Prof. Jürgen G. Nagel als Dekan der Fakultät Kultur- und Sozialwissenschaften: „Die FernUniversität ist hier präsent und aktiv, aktuell etwa zusammen mit dem Theater Hagen und dem Emil Schumacher Museum als Veranstalter des ‚Politischen Salons‘.“ Zudem sind die Bücher nicht nur für Historikerinnen und Historiker interessant, sondern auch für andere Disziplinen, unterstrich Nagel. Er nannte hier als Beispiel Prof. Dr. Frank Hillebrandts soziologische Forschungen zur Neuen Deutschen Welle.

Weiter verstärkt wurde das Interesse auf Seiten der FernUniversität an „ihrer“ Stadt, als es galt, im Jahr 2021 ein wahrhaft auch „geschichtsträchtiges“ Werk anlässlich des 275-jährigen Stadtjubiläums auf den Weg zu bringen: „Hagen. Eine moderne Stadtgeschichte“ wurde von Dr. Ralf Blank, Fachdienstleiter Wissenschaft, Museen und Archive im Fachbereich Kultur der Stadt Hagen, zusammen mit den Historikerinnen Prof. Dr. Felicitas Schmieder und Privatdozentin Dr. Uta Kleine von der FernUniversität herausgegeben. Unter den Autoren und Autorinnen sind auch Jens Bergmann und Michael Eckhoff.

Großes Interesse an der Stadt stellte auch Dr. Jeanine Tuschling-Langewand, UB-Fachreferentin für Geschichtswissenschaft und Literaturwissenschaft, fest. Sie und ihr Team konnten sich über 90 Teilnehmende aus Hagen und darüber hinaus bei einer Online-Veranstaltung zum Stadtjubiläum freuen: „Wir können mit den entsprechenden Themen über das akademische Publikum auch viele Bürgerinnen und Bürger ansprechen.“ Sie plant zusammen mit Fabian Fechner und der Historikerin Barbara Schneider im Herbst eine Ausstellung zum Kolonialismus, zu der auch der Heimatbund einige „Objekte“ beisteuern wird.

Zuletzt zeigte sich die fruchtbare Zusammenarbeit von Heimatbund und FernUniversität auch in einer Lehrveranstaltung zum Thema „Straßennamen“. Bergmann und Eckhoff konnten im Verlaufe eines Vortrages und einer Exkursion mit ihrem Detailwissen dazu beitragen, die Kenntnisse der Teilnehmenden in Bezug auf die Hagener Geschichte erheblich zu vertiefen.

Bücher, Bilder, Landkarten

Insgesamt hütet der Heimatbund etwa 8.000 meist geschenkte oder geerbte Werke, so Vorstand Jens Bergmann. Da viele doppelt vorhanden sind, könnten 250 bis 300 an die FernUni-Bibliothek abgegeben werden. Hinzu kommen nach seinen Worten etwa 80.000 digitalisierte Bilder und ein umfangreiches Landkartenarchiv, die der Wissenschaft dienen können. Anlass für Heimatforschung ist oft die Frage nach der Geschichte der eigenen Familie, der Straße, in der man wohnt oder der des Stadtteils.

Gerd Dapprich | 29.04.2022